Jazz-Parerga

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  • #7612287  | PERMALINK

    redbeansandrice

    Registriert seit: 14.08.2009

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    gypsy tail wind:lol:

    das klingt jetzt so böse, sind beides Sorten von Menschen, mit denen ich prima klar komme, besser als die meisten Leute jedenfalls, natürlich gibt es auch noch die Russen, natürlich sind manche von diesen Leuten begabter als andere… aber wer wirklich was zu sagen hat, der lernt höchstwahrscheinlich nicht Klavierspielen und spielt dann bis ans Ende seiner Tage Beethoven… es mag überragende Talente geben, für die genau das der richtige Weg ist, aber ich bin geneigt, das als Ausnahme zu sehen ;-)

    und das gleiche kann man über das auswendiglernen und neu zusammenstückeln von John Coltranes schönsten Soli sagen… eine durch und durch anspruchsvolle Aufgabe, aber dass die ganz großen Künstler der Zukunft grad diesen Weg wählen werden um sich uns mitzuteilen wage ich zu bezweifeln… (und bevor jetzt jemand sagt, es ist nicht Aufgabe von Künstlern sich mitzuteilen, statt „sich uns mitzuteilen“ kann gerne auch „zu tun was sie halt so machen“ gelesen werden, war mehr metaphorisch gemeint)

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    #7612289  | PERMALINK

    gypsy-tail-wind
    Moderator
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    Registriert seit: 25.01.2010

    Beiträge: 67,048

    Ja, das geht mir bei vielen verschulten Jazzern auch gehörig auf den Sack… ich hab auch ein paar Leute gekannt, einer von denen hat allerdings seinen Weg gefunden, scheint mir, aber dass ein solches sklavisches technisches Studieren ein Weg zum eigenen Ausdruck sein soll fand ich immer schon seltsam. Aber eben: daher ist ja der Mainstream Jazz auch im musealen Stadium angekommen. Diejenigen Leute, die da rausstechen, die wird man wohl kaum an Jazzschulen finden… und wenn, dann lehren sie hoffentlich mehr als sklavisches Imitierien unerreichbarer Vorbilder!

    Hab übrigens deine Bemerkung nicht böse verstanden, nur sehr schön auf den Punkt gebracht… gerade das eigene, der Mut zur Improvisation, geht ja der Klassikwelt seit langem schon völlig ab. Da verkümmert ein nicht unbedeutender Teil des ganzen, denke ich.
    Hab übrigens am Sonntag eine lustige Geschichte gehört in diesem Zusammenhang (wir kamen drauf weil diese Montero in Zürich gespielt hat, die improvisiert ja): ich glaub es ging um die erste Cellistin der Zürcher Oper, bin mir aber nicht mehr sicher, jedenfalls sollte sie in einem neuen Stück von Daniel Schnyder eine Solo-Kadenz improvisieren, hätte schlaflose Nächte gehabt, fast abgesagt vor Panik… sowas gibt schon zu denken!

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    "Don't play what the public want. You play what you want and let the public pick up on what you doin' -- even if it take them fifteen, twenty years." (Thelonious Monk) | Meine Sendungen auf Radio StoneFM: gypsy goes jazz, #151: Neuheiten aus dem Archiv – 09.04., 22:00 | Slow Drive to South Africa, #8: tba | No Problem Saloon, #30: tba
    #7612291  | PERMALINK

    redbeansandrice

    Registriert seit: 14.08.2009

    Beiträge: 13,482

    super Gelegenheit, auf Alexander Hawkins aufmerksam zu machen, lange „nur“ ein Mitfori bei organissimo, der (nach seinem Jurastudium, Promotion in Cambridge no less), anfing professionell Jazz zu spielen, ohne das akademisch gelernt zu haben, weiß noch wie er irgendwann postete, er würd sich da jetzt mehr drauf konzentrieren, fand ich krass damals; mittlerweile, so vier Jahre später hat er mit Evan Parker, Joe McPhee, Ray Warleigh, Lol Coxhill, Sonny Simmons und sonstwem gespielt, hier ist ein ganz interessantes Interview, in dem er sich über die Schulen äußert und auch sonst ein paar Sachen sagt, die dich (clasjaz) ansprechen könnten… myspace, homepage

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    #7612293  | PERMALINK

    redbeansandrice

    Registriert seit: 14.08.2009

    Beiträge: 13,482

    gypsy tail wind
    Hab übrigens deine Bemerkung nicht böse verstanden, nur sehr schön auf den Punkt gebracht… gerade das eigene, der Mut zur Improvisation, geht ja der Klassikwelt seit langem schon völlig ab. Da verkümmert ein nicht unbedeutender Teil des ganzen, denke ich.

    weiß nicht, ist halt irgendwie der Lauf der Dinge, „Kräfte“ die sich anders kanalisieren, als sie es früher getan hätten, dem sollte man nicht zu laut nachtrauern… ich fänds auch toller, in einer Zeit zu leben, in der der Jazz lebendig ist – andererseits, ob ich ihn dann hören würde? ;-)

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    #7612295  | PERMALINK

    gypsy-tail-wind
    Moderator
    Biomasse

    Registriert seit: 25.01.2010

    Beiträge: 67,048

    Danke, das hab ich auch noch nicht gekannt. Das folgende Statement über Don Pullen scheint mir erwähnenswert:

    Frage: He’s mixing the more traditional things with more modern things…almost like a history of jazz piano.

    AH: Absolutely, like Jaki Byard – and the thing about it is, it’s not pastiche, he [Don Pullen] has all these styles down and they’re all happening from ‘within’ him.

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    "Don't play what the public want. You play what you want and let the public pick up on what you doin' -- even if it take them fifteen, twenty years." (Thelonious Monk) | Meine Sendungen auf Radio StoneFM: gypsy goes jazz, #151: Neuheiten aus dem Archiv – 09.04., 22:00 | Slow Drive to South Africa, #8: tba | No Problem Saloon, #30: tba
    #7612297  | PERMALINK

    redbeansandrice

    Registriert seit: 14.08.2009

    Beiträge: 13,482

    gypsy tail windDanke, das hab ich auch noch nicht gekannt. Das folgende Statement über Don Pullen scheint mir erwähnenswert:

    die ganze Zeitschrift ist erwähnenswert, Inhalt, pdf download (die pdfs am linken rand)

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    #7612299  | PERMALINK

    Anonym
    Inaktiv

    Registriert seit: 01.01.1970

    Beiträge: 0

    Die Sache mit dem Pop und den Toden lasse ich einmal beiseite; ich habe mich da wohl wieder einmal missverständlich gemeldet. Vielleicht ist dieses Hinübersehen zur Klassik auch einfach ein neuralgisches Ding – sodass schnelle Ablehnungen kommen? Mein Hören ist anders, ich habe recht ordentliche Sympathien für die Typen da drüben, und finde nicht, dass »der« Jazz überall über sie hinaus wäre. Dann versuche ich mal, das aufzudröseln:

    Nein, redbeans, ich bin durchaus nicht der Meinung, dass Hill besser als jeder klassische Pianist spielen könne – ich fand und finde diese Time Lines-Geschichte berückend, aber »besser«? Dem galt ja meine Frage: warum kann ein Jazz-Pianist das im Jazz, aber nicht in der Klassik – und umgekehrt? Na, und die Sache mit den höheren Töchtern und neuerdings asiatischen Ehrgeizlingen – das ist nicht weiter wichtig, von diesem Tiefland habe ich doch nicht gesprochen. Und was Du dann zu Hill sagst – ja, klar, das ist alles nicht überraschend, aber das hat doch mit Jazz nichts zu tun. Das gibt es auch bei Leuten, die etwas mitteilen (mir auch egal, wie man das noch nennen könnte) wollen und das mit Beethoven können. (Für Ausnahmen halte ich die auch, aber andere interessieren mich auch nicht.) Ich sehe mit meinem kleinen Fernrohr auch kaum wirklich wichtige Leute, das kann aber auch daran liegen, dass sie nicht sichtbar sind. Also klar, zu den Töchtern könnte ich auch lachen, aber das ist schon auf der Ebene zu sagen, Jazzer hätten lange Haare …

    Ja, redbeans, das mag sein, dass der gewollte Klassikhintergrund von Jazzern heute eher regressiv ist. Ich kenne da zu wenig, kann aber nicht glauben, dass das wirklich etwas mit der Musik zu tun hat. Wer weiß, was in den Köpfen vorgeht? Ich würde das alles einfach weniger dogmatisch sehen wollen, z. B. der Hawkins, auf den Du heute aufmerksam gemacht hast (mal sehen, ob ich etwas auftreiben kann von ihm, das ist schon eine wundersame, beeindruckende Geschichte): Wenn er sagt, er musste sich zu dem entscheiden, was er eigentlich spielen wolle und dann die Orgel wieder aufgibt, dann ist das doch einfach eine individuelle Entscheidung, der eigene Weg, nichts sonst, also nichts, was die Grenze Jazz/Klassik selbst beträfe. Das irdische krumme Holz halt, anders geht es eben nicht. (Bitte nicht negativ zu verstehen, ich meine nur, dass die realen Leute eben nicht jeden theoretischen Kram bis ins Letzte austragen können, sonst wäre es ziemlich still auf der Erde.) Ach ja, dass Hill bei Hindemith Unterricht hatte – was immer das heißt, das können auch nur ein paar Nachmittage gewesen sein, so eine Masterclass-Geschichte – weiß ich schon, fand das für meine Frage aber ganz unerheblich. Es gibt Pianisten, die nicht bei Hindemith oder sonstwem waren und trotzdem einen Ton, wie Hill, formen können.

    Gypsy hat schön Hawkins zu Pullen eingeworfen, der alle die Stile tatsächlich in sich hätte. Diese ganze Frage nach Manier und Stil, die einer habe. Das finde ich schon nachvollziehbar – und bei Pullen auch hörbar, den ich nicht missen möchte. Es ist vom Habitus her für einen Jazzer – jetzt dies – sicher naheliegender, schnell etwas zu improvisieren, als für einen klassischen Musiker. (Übrigens: ich habe schon einige von denen reden gehört, und wie die geredet haben, war eher abstoßend. Das alles meinte und meine ich aber nicht.) Gegen die erwähnte Cellistin – die allerdings bedenklich ist – gibt es aber X-Gegenbeispiele, das waren sogar die klassischen Karriereleitern: Ähm, Du bist doch Assistent von dem Stardirigenten, der ist krank, könntest Du nicht in einer Stunde hier sein und den Beethoven machen? Er konnte, usw.

    Am Ende bleiben wohl nur die »Kanäle«. Der eine geht dahin, die andere dahin. Dafür spricht einiges. Irgendwie klang ja auch mit, welche Musik heute »angemessen« (also lebendig oder tot) sei. Klar, das ist der Pop. Das ist die große Dachfirma, die am ehesten Gewinn macht. Ja, und?

    Also einfach dies: Es gibt die und die Musik, und ob die Jazz oder Klassik heißt, ist mir gleichgültig und deshalb kann ich die Grab(en)kämpfe nicht teilen. Deshalb hatte ich gefragt.

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