Handpicked Treasures Of Jazz

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  • #2747595  | PERMALINK

    john-the-relevator

    Registriert seit: 16.04.2005

    Beiträge: 8,075

    Habe gerade folgendes OJC Werk ausgegraben und es ist, wegen seiner Besetzung, schon sehr erstaunlich. Man kann nicht gerade behaupten, dass die Tuba im allgemeinen Jazzkatalog einen Stellenwert hatte. Besonders wenn man berücksichtigt, dass Ray Draper die Aufnahmen im zarten Alter von 17 tätigte und das mit dem großen Coltrane zusammen. Die Tuba solos find ich sehr lässig und völlig stimmig im Gesamtarrangements. Die Würze sind dann die Solos von Coltrane, die die doch ab und an dumpfe, aber nicht störende Tuba, ein besonderes Gegengewicht geben.

    Ray Draper Quintet – New Jazz 8228

    Besetzung:

    Guy Draper (Tuba)
    John Coltrane (Sax)
    Gil Coggins (Piano)
    Spanky DeBrest (Bass)
    Larry Ritchie (Drums)

    Tracks:

    1. Clifford Kappa
    2. Filidia
    3. Two Sons
    4. Paul´s paul
    5. Under Paris Skies
    6. I Hadn´t anyone Till You

    Aufgenommen: 1957

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    #2747597  | PERMALINK

    katharsis

    Registriert seit: 05.11.2005

    Beiträge: 1,737

    Ah, da haben wir Gil Coggins wieder! Interessante Platte.

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    "There is a wealth of musical richness in the air if we will only pay attention." Grachan Moncur III
    #2747599  | PERMALINK

    redbeansandrice

    Registriert seit: 14.08.2009

    Beiträge: 13,468

    ja, das ist eine schöne Platte, fast noch besser finde ich Drapers anderes Prestige Album mit Mal Waldron, Jackie McLean und Webster Young… wo wir das Thema die Tage so oft hatten, ich glaube das hier ist im wesentlichen eine Band aus New Yorker Freunden von Draper, dazu den von ihm gewünschten (hab ich mal irgendwo gelesen) zweiten Bläser Coltrane… ist ein großer Kontrast, in Sachen Beweglichkeit zwischen den beiden – aber wer hätte nicht gerne Coltrane auf seiner Platte gehabt, wenn er die Wahl gehabt hätte… :-) Drapers Karriere ist eine lange und faszinierende, die sich leider nach seinem zwanzigsten Lebensjahr weitgehend außerhalb von Tonstudios abgespielt hat, er war bei Max Roach, dann eine Zeit in Haft, ging an die Westküste wo er ab Mitte der 60er Jahre Bands mit Leuten wie Philly Joe Jones, Don Sleet und Hadley Caliman hatte, lebte eine Zeit im Umfeld von Horace Tapscott (er spielt auf Sonny’s Dream von Sonny Criss…), gründete die Jazzrock Band Red Beans and Rice, mit der er ein Album aufnahm… ging dann im Herbst 1968 nach Europa, wo er mit Don Cherry beim legendären Amougies Festival auftrat, lebte in London wo er am Rande in die „Michael X Slave Collar Affäre“ verwickelt war und als musikalischer Leiter an Dr Johns Sun Moon and Herbs beteiligt war… ging Anfang der 70er mit Dr John zurück nach New York, hatte wieder eigene Bands, mit einer trat in Chris Albertsons Fernsehshow auf, arbeitete eine Zeit als musikalischer Leiter für Jack McDuff (auch ein Album), war auch nochmal bei Tapscott in LA, spielte mit Archie Shepp, Anfang der 80er war er in den Big Bands von Sun Ra und Lionel Hampton, 1982 wurde er in New York von jugendlichen Straßenräubern erschossen… sein (ziemlich fehlerhafter) wikipedia Artikel,der ständig überarbeitet wird, (andere Version), gehört zu meinen liebsten

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    #2747601  | PERMALINK

    gypsy-tail-wind
    Moderator
    Biomasse

    Registriert seit: 25.01.2010

    Beiträge: 67,006

    Ok, hab jetzt grad meine drei Draper-Alben hervorgesucht, „Tuba Sounds“, die oben genannte (sie findet sich übrigens auch in der neulich anderswo kurz andiskutierten dritten Prestige Coltrane Box, „Side Steps“, dort hab ich sie) und das Roulette-Album von 1958… die CD, die letzteres enthält (John Coltrane „Like Sonny“) hatte ich gestern in der Hand mit der Idee, ich könnte die doch hier mal vorstellen :-)

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    #2747603  | PERMALINK

    john-the-relevator

    Registriert seit: 16.04.2005

    Beiträge: 8,075

    @redbeansandrice
    Danke für die Hintergrundinfos zu Ray Draper, zu dem ich wenig bis gar keine Infos besaß. Nach deiner vorgestellte Scheibe mit Draper, Waldron usw. werde ich forschen. Interessant finde ich sie allemal.

    @gypsy tail wind
    Interessanter neuer Tuba-Thread!

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    Music is like a river, It's supposed to flow and wash away the dust of everyday life. - Art Blakey
    #2747605  | PERMALINK

    katharsis

    Registriert seit: 05.11.2005

    Beiträge: 1,737

    Charles Bell and The Contemporary Jazz Quartet – Another Dimension

    Charles Bell (p), Bill Smith (g), Ron Carter (b), Allen Blairman (d)
    Atlantic, 1962

    Vor einiger Zeit habe ich mich auf die Suche gemacht, an welchen Alben Ron Carter beteiligt gewesen ist, die ich noch nicht kenne. Dabei bin ich auf „Another Dimension“ gestoßen. Mittlerweile ist die LP in Form einer originalen Stereo-Pressung bei mir eingetroffen und sie rotiert seit einiger Zeit auf dem Plattenteller, so dass ich mir gedacht habe, die Session könnte etwas für diese Rubrik sein.

    Bis auf Carter waren mir alle Musiker bis dato unbekannt. Bell wurde 1933 in Pittsburgh geboren und hatte bei der Entstehung des Albums bereits einen Bachelor in Komposition, wie er auch Gesang unterrichtete. Mit seinem Quartett gewann er bereits das Intercollegiate Jazz Festival der Georgetown University 1960 und stach damit u.a. die Jazz Brothers der Mangione Brothers aus. 1962 trat er außerdem auf einem internationalen Jazz Festival in Washington auf und erreichte eine Fünf-Sterne-Bewertung des Down Beat Magazins für ein erstes Album mit dem Contemporary Jazz Quartet, allerdings mit Frank Traficante am Bass.
    Nat Hentoff schreibt in den Liner Notes zum hier vorgestellten Album, dass Bell sich bereits dem ‚Third Stream‘ zuwandte, als dieser Stil noch gar nicht so genannt wurde, mittlerweile aber wieder davon abgekommen war. Bell selbst sagte hierzu: „The history of jazz music has been one long story of a music that evolved while freely borrowing and discarding from all kinds of music, and managing to move on unmarked, but revitalized. In the light of this sort of history, I find it impossible to see any justification for the ‚marriage‘ to another kind of music to create a new music. Jazz is the new music!“ Das mutet alles ein bißchen akademisch an, was natürlich auch den oft sehr euphorisch klingenden Kommentaren Hentoffs geschuldet sein mag, drückt aber recht deutlich den Zugang von Bell aus.
    Die Musik der Session ist natürlich Jazz, aber darüber hinaus schwer zu greifen. Zaghaft klassizistisch anmutende Harmonien gibt es ebenso, wie dem Soul Jazz nicht unähnlich klingende Pattern. Trotz allem ist die Musik in meinen Ohren sehr eigenständig und alles andere als überlegt und auskomponiert. Allen voran trägt Ron Carter sehr zum Gelingen der Musik bei. Auch wenn er noch am Anfang seiner Karriere stand, trägt sein volltönender Bass die Musik und haucht ihr sehr viel Wärme ein. Bell führt selbst aus, dass er bislang nie zufrieden mit seinen bisherigen Bassisten war und dadurch sehr über die Zusage Carters erfreut war. Entsprechend hat er ihm quasi auch ein Stück, „Bass Line“ auf den Leib geschneidert.
    „Theme“, ebenfalls eine Komposition von Bell, eröffnet rasant, fast schon in Brubeck’scher Manier – den ich für eine deutliche Referenz erachte. Carter walkt mit seinem Bass rasant durch das Stück, wunderbar begleitet von Blairman, der mich sehr an einen leichteren Roy Haynes erinnert. Viel Arbeit mit den Becken, rasant, schattierend, aber nie zu blechernd und dominierend. Bell spielt ebenfalls rasant, sehr leichtfüßig und verzweigt sich gekonnt mit der Gitarre von Bill Smith, die elektrischer und damit rauher klingt.
    „Bass Line“ beginnt mit einer laufenden Bassfigur, die nach und nach von Bell und Smith kontrastiert und aufgegriffen wird. Die Anlage des Stückes ist sehr reduziert, auch wenn es Tempo hat und Blairman hält sich vornehm zurück. Vor Carters sattem Hintergrund dominiert hauptsächlich Smith, den ich hier ganz schwer einschätzen kann. Mir gefällt sehr gut, was er da macht und sein Stil ist frei, frisch und wenig von Bluespattern gehemmt. Wie auch im ersten Stück gibt es kleine Auflockerungen mitten im Stück, in die ein bißchen der ‚Third Stream‘-Ansatz durchscheint. Bell übernimmt danach und spielt erst ein flüssiges Solo, lenkt dann aber in ein akkordlastiges Spiel ein. Der letzte Teil ist durch Brüche gekennzeichnet, die abwechselnd dem Gittaristen und dem Pianisten kurze Soli einräumen, bevor Carter zusammen mit Bell in eine Art knapp akzentuierten Wettstreit tritt und beide mit call and response aufeinander reagieren. Das spannende des Stückes ist der durchweg gehaltende Groove des Basses, ohne dass dieser besonders in den Vordergrund tritt.
    In „Django“ erweist Bell John Lewis die Ehre und konzipiert das Stück als verhangene, melancholische Ballade, allerdings in mittlerem Tempo und mit einer guten Portion Spannung. Auch hier prägt Smith das Stück mit seiner Gitarre, die mich nun deutlich an Jim Hall und mit dem Klavier von Bell zusammen deutlich an das Duett mit Bill Evans erinnert. Carter lässt das Stück mit einigen sehr schönen Doppelgriffen pulsieren und Bell macht es mir schwer, ihn stilistisch zu greifen. Leichtfüßig, aber tiefgründig. Keine Arpeggien, dafür kurz ausgehaltene Töne, die sich irgendwie vor der Tonsprache Bachs verneigen. Insgesamt wird aus diesem Stück eine tolle Verneigung vor John Lewis, die viele schöne Einfälle beinhaltet, sehr eigenständig klingt und last but not least, einen tollen Groove hat.
    Sonny Rollins „Oleo“ ist da schon eher erkennbar. Auch hier ist das Tempo im mittleren Bereich, ohne dass mich das stört. Bell sagt, dass er auf das Stück gestoßen sei, nachdem er Bill Evans damit gehört habe. Und tatsächlich hört es sich dann auch so an, als wäre es aus der Feder von Evans und ein verlorengegangener Track der „Loose Blues“-Sessions. Macht Spaß, ist aber vielleicht der konventionellste Track des Albums.

    Die zweite Seite eröffnet mit „Satan Said“, einer schnellen Nummer von Bell. In seinen Augen stellt das Stück einen schreienden Teufel dar und die Band versucht alles, um das Fehlen der dazu wohl notwendigen Hörner auszugleichen. Carter spielt schnelle Läufe im Hintergrund, während Bell die Klaviatur bearbeitet. Die rechte Hand ist sehr flüssig, die linke spielt kurze Akkorde. Smith passt sich ebenfalls dem Tempo an, klingt hier aber etwas beliebig, möglicherweise da ihm angesichts der Geschwindigkeit ein wenig die melodischen Ideen ausgehen. Gegen Ende des Stückes darf Blairman kurz solieren, okay, aber unspektakulär. So schnell wie es begonnen hat, ist es auch schon zu Ende.
    „Portrait of Aunt Mary“ ist ein sehr emotionales, aber toll groovendes Stück, das Bell seiner verstorbenen Tante gewidmet hatte. Von Anfang an hat jedes Instrument eine eigene Variation des Themas, was sich in der sich entwickelnden Variation wie ein Präludium von Bach anhört. Blairman akzentuiert spärlich mit der Hi Hat, Carter spielt repetitiv und Bell sowie Smith übrkreuzen sich immer wieder. Smith verhärtet seinen Ton auf einmal, das Stück kommt zum erliegen und entwickelt sich wie ein langsamer Puls sehr langsam, bis durch ein Solo von Bell wieder etwas Fahrt aufgenommen wird. Mit nahezu neun Minuten ist es dann auch das längste Stück der Platte und zieht mich persönlich am meisten in den Bann, gerade was die Gleichberechtigung der Melodieinstrumente angeht, die sich für sich genommen entwickeln, ohne weit voneinander entfernt zu sein. Auch die emotionale Wärme schwingt in der Komposition immer wieder mit. Toll ist der ausklingende Puls von Carters Bass, den ich als Analogie zum sterbenden Puls sehe.
    Als Hommage an Coltrane lässt sich das letzte Stück verstehen, ausgerechnet „My favourite things“. Auch hier beschränkt sich Bell nicht auf die reine Interpretation des Stückes, sondern er verarbeitet seine eigene Herangehensweise derart, dass es zu seinem Stück wird. Das Hauptthema trägt Smith vor, während Bell ein schwer zu beschreibendes Moll-Thema im Hintergrund spielt, das dem Track einen Hauch von Mystik verleiht. Hier wird das Etikett Soul Jazz wohl am deutlichsten, allerdings auch, was man unter tollem Soul Jazz verstehen kann. Für Bill Smith wohl das stärkste Stück und mehr oder weniger sein Showcase.

    Hentoff endet in den Liner Notes mit der Behauptung, dass die Musik ohne plätschern und große Rhetorik auskommt und dem kann ich zustimmen. Die Musik ist unprätentiös, schnörkellos, changiert aber sehr schön zwischen verschiedenen Stilen und ist sehr von einer persönlichen Vorstellung von Groove geprägt. Natürlich liegen weitere Vergleiche mit dem Modern Jazz Quartet u.a. nahe, trotzdem wirkt die Musik auf mich eigenständig und persönlich.

    Leider ist mir nicht bekannt, dass es eine CD-Veröffentlichung gegeben hätte. Es gibt neben den originalen Atlantic-Pressungen allerdings noch englische Pressungen von London. Ich werde mich nun mal nach der Vorgänger-Scheibe auf Columbia umsehen, außerdem soll es Trio-Aufnahmen geben.

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    "There is a wealth of musical richness in the air if we will only pay attention." Grachan Moncur III
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