Handpicked Treasures Of Jazz

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  • #2747565  | PERMALINK

    katharsis

    Registriert seit: 05.11.2005

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    Ich glaube, man muss sehr genau unterscheiden zwischen „stilbildend“ und „eigenständig“. Ich sage jetzt einfach mal, dass ich mich nicht so gut auskenne, um einem musikhistorischen Abriss gleich die stilbildende Kraft eines Red Garland oder eines Duke Pearson beschreiben zu können.
    Eigenständig sind dagegen alle in meinen Augen. Vielleicht hat Red Garland das Pech gehabt, in einer Phase bei Miles Davis gewesen zu sein, als dieser sich selbst noch wenig abheben konnte, genauso wie Coltrane noch ein Tenorist unter etlichen anderen gewesen ist. Hätte er vielleicht nach „Milestones“ oder „Porgy and Bess“ weiter in der Band gespielt, wer weiß – vielleicht wäre er der „coole“ am Piano bei „Kind of Blue“ geworden.? Nicht zuletzt hat er die traditionelle Linie eines Bud Powell durch kleine Eigenheiten weiter vorangetrieben, bspw. durch die Verwendung von Blockakkorden, die zur damaligen Zeit neu war und später eher Bill Evans zugeschrieben wurde.
    Duke Pearson war in meinen Augen ein fantastischer Begleiter, sehr sauber, lyrisch, vielleicht etwas akademisch. Was mich an ihm besonders fasziniert, ist sein Talent für ausgesprochene „Hits“. Duke Jordan dagegen ist einer meiner liebsten Trio-Pianisten. Sehr im Bop verordnet, aber zu gleich unglaublich leichtfüßig und lyrisch. Seine Steeplechase-Aufnahmen gehören für mich mit zu den besten Trio-Platten.
    Kurz gesagt, Garland war vielleicht stilbildend, Pearson und Jordan „nur“ eigenständig.
    Oscar Peterson hat sich mir dagegen bspw. noch nie erschlossen. Ich bin ein großer Fan von Ry Brown’s sattem Bass, daher stört mich immer diese fragile, teilweise statische und dünne „Klavierbegleitung“…

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    #2747567  | PERMALINK

    redbeansandrice

    Registriert seit: 14.08.2009

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    katharsis
    Duke Jordan dagegen ist einer meiner liebsten Trio-Pianisten. Sehr im Bop verordnet, aber zu gleich unglaublich leichtfüßig und lyrisch. Seine Steeplechase-Aufnahmen gehören für mich mit zu den besten Trio-Platten.
    Kurz gesagt, Garland war vielleicht stilbildend, Pearson und Jordan „nur“ eigenständig.

    Ich seh Duke Jordan eigentlich mindestens so stilbildend wie Garland… bzw… was mir an dem Wort stilbildend nicht so ganz passt, ist, dass es irgendwie impliziert, dass Imitatoren zu haben eine Voraussetzung sind – und das ist offensichtlich kein wirklich gutes Maß für Individualität [Monk…]… aber mal gesetzt „stilbildend“ ist der große Bruder von „eigenständig“… dann finde ich, man muss Jordan zusammen mit Al Haig schon einen guten Teil des Kredits für die Erfindung des im modernen Jazz dominierenden Klavierstils geben: klar, am Anfang waren Monk und Bud Powell… und wie fast alle anderen schließen Haig und Jordan an Powell an; aber für meine Ohren haben die beiden den Stil von Powell doch ein gutes Stück abgewandelt, jetzt stoß ich wieder an meine intellektuellen Grenzen :-) für mich schmecken die beiden deutlich anders, sind viel lyrischer als der etwas rumpeligere, rhythmischere Powell, auch ein gutes Stück leichtfüßiger, Weißwein gegen Rotwein, was weiß ich (Powell ist der Rotwein); ich glaub, die Individualität von Jordan und Haig geht ein bißchen dadurch unter, dass es kurze Zeit später dutzende Ableger von Powells Stil gab – und mein Eindruck ist, dass Leute wie Tommy Flannagan, Hank Jones, Barry Harris mindestens so sehr von Haig/Jordan herkommen wie von Powell direkt… was deren Individualität weiter untergräbt… und ich find die lyrischen Qualitäten von zB Duke Jordan werden – so viel bis heute im Bebop Stil Klavier gespielt wird – kaum von anderen Pianisten erreicht… (also klar, Bill Evans ist auch lyrisch… Keith Jarrett auch – aber das sind andere lyrischs)

    @katharsis: :-) muss zu meiner Schande gestehen, deinen Post vor meiner Antwort nicht gründlich gelesen zu haben, da steht es ja, Lieblingspianist, leichtfüßig, lyrisch… zusammen mit der Tatsache, dass er einer der ersten Pianisten des modernen Jazz war reicht das doch allemal für den Olymp…

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    #2747569  | PERMALINK

    katharsis

    Registriert seit: 05.11.2005

    Beiträge: 1,737

    Ja, damit hast Du wohl Recht. Jordan war sehr früh dabei und hatte das Glück/Privileg, bereits in den ausgehenden 40er Jahren mit vielen Größen zu spielen, so dass er auch die „Zeit“ hatte, einen eigenen Stil zu entwickeln, den vielleicht andere später perfektionieren konnten. Diesbezüglich sticht er bspw. auch mehr heraus, als vielleicht Hank Jones. Jordan hatte jedoch einen „Nachteil“ – wie auch Dexter Gordon oder Kenny Drew. Alle gingen nach Europa/Skandinavien und waren damit für die amerikanische Szene nicht mehr sonderlich präsent. Daher entstand vielleicht eine Lücke für andere, nachkommende Pianisten, welche dadurch möglicherweise mehr beachtet wurden.

    Ein Wort noch zu Bill Evans. Duke Jordan entspringt der traditionellen Bop-Ecke. Bill Evans „kommt dagegen ganz klar aus der klassischen Musik. Natürlich „kann“ er Jazz, aber sein lyrische Stil ist vielleicht sauberer, melodiöser und impressionistischer. Das hat oft viel mit der französischen Klavierschule eines Claude Debussy zu tun. Ich denke, das prägt die Art, als Jazz-Pianist zu arbeiten.

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    #2747571  | PERMALINK

    redbeansandrice

    Registriert seit: 14.08.2009

    Beiträge: 13,468

    katharsis
    Ein Wort noch zu Bill Evans. Ich würde mal hypothetisieren, dass Duke Jordan eher aus der traditionellen Bop-Ecke stammt, als Bill Evans. Bill Evans „kann“ Jazz und ist dadurch stilbildend geworden. Ich finde aber, dass er ganz klar aus der klassischen Musik kommt, mehr noch als aus dem Jazz.

    ja, da stimm ich irgendwie zu… ob man das jetzt als Leistung oder Sakrileg wertet, ist jedem selber überlassen :lol:

    weiß nicht, ob es Jordans Reputation jetzt wirklich abträglich war, nach Skandinavien gegangen zu sein… aus dem Bauch raus, fällt mir kaum ein klassischer Bebop Pianist ein, der nach 1965 in Amerika noch so richtig wichtige Alben gemacht hat… (ist natürlich ein viel zu großspuriges Statement um ganz korrekt zu sein)…

    bei Gordon glaub ich ja ist der entscheidende Karriereknick gewesen, dass er die fünfziger Jahre im wesentlichen hinter Schloss und Riegel verbracht hat… in der Zeit als die meisten aus seiner Generation ihre Meisterwerke aufnahmen (ich denk an Rollins Ende der fünfziger, Boss Tenor von Gene Ammons, der erste Schwung Hank Mobley Alben…) stand Gordon (nach einer sehr hoffnungsvollen Zeit in den vierziger Jahren) aus verschiedenen Gründen nicht zur Verfügung… das mag auch mit Talent zu tun haben, aber in erster Linie hatte der ein Schweineglück, dass es danach nochmal so weit bergauf ging…

    vergleiche Gordons Schüler Hadley Caliman, Jahrgang 1932, 1949 mit Eric Dolphy in der Roy Porter Big Band, in seiner Jugend in LA als „Little Dexter“ bekannt… nie nach Skandinavien ausgewandert, aber im falschen Moment auf Bewährung einen LKW geklaut und und und… erste eigene Alben Anfang der siebziger Jahre, (in der Zeit auch viele Sidemanauftritte zum Beispiel auf Santanas Caravanserai), und erst in den letzten paar Jahren eine wirkliche Konsolidierung und wieder ein paar Alben (seit kurzem hat er sogar eine eigene homepage) – so hätt es auch laufen können für Dexter Gordon… (sample)

    Ein schöner Artikel über Caliman ist in dieser Ausgabe von Earshot, einer Zeitschrift, in der immer mal wieder sehr interessante Artikel zu finden sind…

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    #2747573  | PERMALINK

    gypsy-tail-wind
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    Registriert seit: 25.01.2010

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    Schöne Posts… ich stimme euch beiden im grossen ganzen zu!
    John Lewis müsste man auch mal noch nennen, der war schon ganz toll, auch grad auf den grossen Byrd-Quintett-Aufnahmen der 40er Jahre! Fiel wohl danach bei den „seriösen“ Jazzfans in Ungnade wegen dem MJQ, aber Alben wie „The Wonderful Sound of Jazz“ oder das späte „Private Concert“ sind grosse Klasse!

    Zurück zu Duke Jordan… und back on topic:

    Duke Jordan – Flight to Jordan

    Dizzy Reece (tp) Stanley Turrentine (ts) Duke Jordan (p) Reggie Workman (b) Art Taylor (d)
    Rudy Van Gelder Studio, Englewood Cliffs, NJ, August 4, 1960

    1. Flight to Jordan
    2. Star Bright
    3. Squawkin‘
    4. Deacon Joe
    5. Split Quick
    6. Si-Joya
    7. Diamond Stud (Bonus Track)
    8. I Should Care (Bonus Track)

    Ich hab dieses wunderbare Album in den 90er Jahren entdeckt, als ich Italien das „Blue Note Magazine“ kaufte, dem jeweils eine CD beilag (für 18’000 Lira oder so). Jordan kannte ich damals nur von Parkers Savoy 5LP Set, von Turrentine war ich durch „Back at the Chicken Shack“ und „Up at Minton’s“ schon ein Fan, die grosse Überraschung war jedoch Dizzy Reece!
    Kaum ein Trompeter des Modern Jazz spielt mit einem so grossen, runden und warmen Sound, und die Frontline mit Turrentine, der ja auch nicht gerade einen kleinen Sound hat, funktioniert bestens! Das Rhythmus-Gespann Workman/Taylor trägt das seine zum Album bei…
    Die Musik entspricht in etwa dem klassichen Blue Note Album-Schema in den letzten Jahren vor „The Sidewinder“: ein paar bluesige Hardbop-Nummern, ein paar Balladen, eine Latin-Nummer (und unter den Bonus-Tracks noch ein Standard).
    Ich hab die CD schon eine Weile nicht mehr gehört, möchte sie hier aber dennoch wärmstens empfehlen! Dank der vor ein paar Jahren erschienenen RVG-Edition ist sie auch einfach und billig zu finden. Ein rundum gelungenes Album! Das Highlight dabei ist wohl Dizzy Reece auf „Star Bright“ (so war auch sein zweites Blue Note Album betitelt – auch das ein Geheimtipp, mit Hank Mobley & Wynton Kelly).

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    #2747575  | PERMALINK

    katharsis

    Registriert seit: 05.11.2005

    Beiträge: 1,737

    @redbeans: Findest Du wirklich, dass Gordon’s Stern am sinken war, nachdem er im Knast war? Betrachtet man seine Alben als Leader, dann war Gordon nie so kraftvoll und agil, wie nach seiner Zeit in Haft. Nicht zuletzt entstanden in der kurzen Zeit vor seiner Emigration wundervolle Blue Note-Scheiben wie „Our man in Paris“. Auch seine spätere Scheiben während seiner USA-Besuche, die fantastische „Gettin‘ around“ bspw. sind oft überragende LPs. Oder auch die Steeplechase-Sessions zeigen ihn in formidabler Form. Ich würde da nicht von einem Karriereknick sprechen wollen, eher vom Ansprechen eines anderen Marktes, als dem originären US-Jazzmarkt.

    Das Ansprechen der „Flight to Jordan“ macht mir mal wieder schmerzlich bewusst, dass sich meine Platten an einem anderen Ort aufhalten, als ich. Ansonsten würde ich gerne nachhören, da ich die LP gar nicht mehr im Ohr habe. Schade aber, dass es in dieser Besetzung keine weitere Session gibt.
    Dizzy Reece hat leider zu wenig aufgenommen. „Come on“ und „Asia Minor“ sind hervorragende Abbildungen seines Talents.
    Danke für den Beitrag, gypsy tail wind.
    Ich muss mir jetzt endlich doch Gedanken über einen Handpicked-Beitrag machen…:roll:

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    "There is a wealth of musical richness in the air if we will only pay attention." Grachan Moncur III
    #2747577  | PERMALINK

    redbeansandrice

    Registriert seit: 14.08.2009

    Beiträge: 13,468

    da ich den Post zeitgleich gemacht hatte, und er sich themtisch ganz gut ergänzt, hoffe ich, es ist ok, wenn ich ihn nicht zurückhalte…

    Dodo Marmarosa – Pittsburgh, 1958

    Uptown Records (ein tolles Label, das immer wieder Schätze aus Radioarchiven etc. buddelt.)

    1. Introduction by Dodo Marmarosa (Pittsburgh, Pa., June 17, 1995)

    Recorded at Midway Lounge, March 5 or 6, 1958
    Dodo Marmarosa (p); Danny Mastri (b); Henry Sciullo (dr)
    2. Moose the Mooche
    3. Always
    4. Cheek to Cheek
    5. Robbins‘ Nest
    6. Topsy
    7a. Cherokee
    7b. Sweet Miss theme
    8. A Fine Romance
    9a. Body and Soul
    9b. fragment
    10. Billie’s Bounce
    11a. Cheers
    11b. fragment
    12. This Can’t Be Love
    13. Sweet Miss Theme

    Recorded Spring 1962 for WQED TV program, Jazz Scene
    Dodo Marmarosa (p); Danny Conn (tp); Carlo Galluzzo (ts); Jimmy DeJulio (b); Chuck Spatafore (dr)
    14. Horoscope. Virgo movement
    15. Oblivion
    16. Dodo’s Blues (Marmarosa)

    Recorded Mar. 1956, Stephen Foster Memorial Hall
    Dodo Marmarosa (p); Johnny Vance (b); Chuck Spatafore (dr)
    17. I’ve Never Been in Love Before

    Recorded Nov. 8, 1957, Wayne Pazcuzzi Studio
    Dodo Marmarosa (p); Danny Conn (tp); Buzzy Renn (as); Jimmy DeJulio (b); Chuck Spatafore (dr)
    18. You’re My Thrill
    19. Dodo’s Blues

    Wo wir grad von Bebop Pionieren sprachen, dachte ich, auch Dodo Marmarosa (1925-2002) muss erwähnt werden. Wie Haig, Jordan und die anderen war er ein wichtiger Pianist in den frühen Jahren des Bebop. Ab den fünfziger Jahren hörte man – bis auf eine letzte Serie von Alben, die er Anfang der sechziger Jahre in Chicago aufnahm – nicht mehr viel von ihm (wobei in seinem Fall, etwas atypisch, psychische Probleme die Ursache waren). Die Cd Pittburgh 1958 von Uptown Records schließt ein Stück weit diese Lücke in seiner Diskografie, hier wurden Live Mitschnitte aus den Jahren 1956-1962 zum ersten Mal veröffentlicht.

    In erster Näherung könnte man mal sagen Marmarosa war der JS Bach unter den frühen Bebop Pianisten der lyrischen Schule… also: bei einem reineren Bud Powell Stil – wie in Powell selbst gespielt hat – der ja irgendwie von alleine sehr stark auf klar definierten Achtellinien basiert kommt Bach irgendwie natürlicher ins Spiel als wenn man ein Lyriker wie Al Haig ist… Man könnte auch sagen Marmarosa steht zwischen Haig und Powell.. ist sicherlich auch was dran – ist aber nicht die ganze Wahrheit. Irgendwas an der Musik ist wirklich sehr barock und ich kann es nicht in Worte fassen – aber es ist bei Powell so nicht da… Dass alles ein bißchen klingt als würden da so Prozesse ablaufen, das ist sicherlich das eine. Aber da ist noch ein kleines bißchen mehr, irgendwas in der Art wie die Melodien laufen… Jedenfalls fordert mich diese Musik eine deutliche Spur mehr als alles von Haig und Duke Jordan ohne dafür Schönheit aufgeben zu müssen. Sie ist irgendwie rhythmischer, hat aber aber auch faszinierend inkohärente, überraschende Momente… tolle Musik also. Die Klangqualität ist nicht sooo toll, die Bänder sind etwas ausgeleiert – aber die Musik ist auch wirklich eine spur toller als Marmarosas Alben von 1962 würd ich sagen… noch nicht ganz so mechanisch, ein bißchen flexibler… das mechanische war zu dieser Zeit noch mehr eine von mehreren Sachen in Marmarosas Trickkiste… Die ersten 13 Stücke sind teilweise Solo, teilweise Trio, aber auf allen steht Marmarosa sehr stark im Vordergrund… Sozusagen als Bonus gibt es ein paar Tracks im Quintet von 1962. Seltsame Musik ist das, nicht die besten, aber fast sicher die interessantesten Tracks hier. Irgendwie so, als hätte jemand zu Marmarosa gesagt, „Komm wir machen mal was Moderneres, harmonisch farbigeres, 6/4 Takt, und so, mit arrangierten Bläsern…“ aber die beiden Bläser klingen absolut nicht, als hätten die jetzt den ganzen Tag Coltrane gehört, die klingen mehr so niedlich, wie aus der Vergangenheit, alte Sounds, wie man sie im echten Bebop kaum gehört hat (bild ich mir ein – vielleicht hab ich sie dort auch überhört), mehr so Swing to Bop. Aber mit einer tollen Abgeklärtheit, ein bißchen wie die beiden Sträflinge, die auf der Elmo Hopes Riker’s Island Cd Trompete und Saxophon spielen… Eine hochgradig lohnende CD! (als Bonus hat man noch wie sich Marmarosa am anfang als „MIKE Marmarosa“ vorstellt… er scheint sich mit „Dodo“ wohl nicht sehr identifiziert zu haben.)

    Audiophiles Vinyl hiervon gibt es nicht, aber die Cd glänzt mit einem Weltklasse-Booklet, unter anderem mit einem Marmarosa interview aus dem Jahr 1995. Wer ungern Cds kauft kann sich das hier auch als Buch mit beigelegter Cd denken.
    Stream des Albums bei Lastfm

    Mein Song des Tages „I’ve got news for you“ von 1946 mit Marmarosa an Gesang und Klavier

    Eine schöne Thesis über den Jazz in Pittburgh

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    #2747579  | PERMALINK

    redbeansandrice

    Registriert seit: 14.08.2009

    Beiträge: 13,468

    katharsis@redbeans: Findest Du wirklich, dass Gordon’s Stern am sinken war, nachdem er im Knast war? Betrachtet man seine Alben als Leader, dann war Gordon nie so kraftvoll und agil, wie nach seiner Zeit in Haft.

    nein, ich meinte nur, dass er eine riesiges Glück hatte, dass Blue Note ihm die Chance gaben, in kurzer Zeit noch so eine Masse an grandiosen, klassischen Hard Bop Alben aufzunehmen, das hätte auch schief gehen können, siehe den Caliman Artikel mit Junkie-Stigma etc. [und warum hatte ich das gesagt…?] Hätte auch passieren können, dass er nach „The Resurgence of Dexter Gordon“ (auch ein schönes Album übrigens) wieder in der Versenkung verschwunden wäre… Apropos Reece und Gordon: Ich wiederhol nochmal meine Empfehlung für Gordons MPS Album „A Day in Copenhagen“ mit Reece…

    @gypsytailwind: bei Lewis meinst du Bird-Quintett?

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    #2747581  | PERMALINK

    katharsis

    Registriert seit: 05.11.2005

    Beiträge: 1,737

    Wo wir schon bei Duke Jordan sind…

    Duke Jordan – Flight to Denmark (Steeplechase)

    Duke Jordan (p); Mads Vinding (b); Ed Thigpen (d)
    25. November & 2. Dezember 1973

    Ich weiß nicht mehr wie ich zu dieser Platte gekommen bin. Wahrscheinlich fing es mit Blue Note und da mit Jordan’s „Flight to Jordan“ an, die neugierig auf mehr gemacht hat. Außerdem stehe ich auf schön gestaltete Cover. Das Cover der Platte ist dann auch schön gestaltet und es suggeriert, was man auf der Platte vorzufinden hofft – Musik für kalte Winterabende.
    Die LP dürfte relativ zeitnah zu Jordan’s Emigration nach Skandinavien aufgenommen worden sein und der dänische Bassist Mads Vinding, sowie ein Bekannter aus alten US-Zeiten, Ed Thigpen an den Drums haben sich zu einem Trio fomiert, welches so miteinander harmoniert, als hätten sie schon immer miteinander musiziert. Wenn ich mich recht entsinne, dann gibt es auch nur noch eine weitere Scheibe in dieser Besetzung. Schade.
    Was fasziniert an dieser Platte? Zum Einen ist es der satte, warme und organische Ton, den Vinding im Hintergrund zaubert. Dick, weich und auch in den swingenden walking-bass-Stellen stets ruhig, getragen und immer „großväterlich“ unterstützend. Thigpen hält sich ebenfalls zurück, streicht meistens fast sein Schlagzeug, ordnet es dem Wohlklang unter, ohne dabei eigene Spuren zu hinterlassen. Beide lassen Jordan singen, der hier die Hauptrolle spielt, trotzdem als primus inter pares gesehen werden sollte. So sollte sich Bar-Jazz im positivsten Wortsinne anhören. Man stellt sich ein schönes Kaminfeuer vor, ein gutes Buch, einen exzellenten Rotwein und kann sich von der Musik tragen lassen. Nicht, dass es eine ruhige Hintergrundmusik wäre; an den entsprechenden Stellen lassen es die drei in passendem Rahmen krachen, bspw. bei „On green dolphin street“. Ansonsten kommt mir die Musik wie surfen vor. Die Rhythmusgruppe sorgt für den Flow, die Wellen und Jordan breitet sich darauf aus und spielt allerfeinsten Jazz; keine schwierigen Tricks, einziges gut gelauntes Fließen. Das besondere ist auch hier die bereits angesprochene leichtfüßige und lyrische Art sowie der Schalk, der Jordan im Nacken sitzt – so bei seinem „Jingle Bells“-Zitat in „Here’s that rainy day“.
    Kurz gefasst, die Wärme, die Stimmung, die Spielfreude machen dieses Album zu einem meiner Alltime-Favs und sollten aufgrund der universellen Einsetzbarkeit, der Qualität und dem ruhigen Atem wegen zumindest in einem Regal mit „Kind of Blue“ und „Waltz for Debbie“ stehen. :-)
    Die Kompositionen darauf sind zumeist von Jordan selbst, es findet sich auch sein „Hit“ Jordu wieder…

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    "There is a wealth of musical richness in the air if we will only pay attention." Grachan Moncur III
    #2747583  | PERMALINK

    gypsy-tail-wind
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    Registriert seit: 25.01.2010

    Beiträge: 67,009

    Danke für die beiden Posts! Marmarosa ist eine schöne CD! In der Tat ein äusserst lohnenswerter Pianist! (Und dass Uptown endlich eine Website hat ist bisher auch an mir vorbeigegangen…)
    Von Jordans Steeplechase Alben kenn ich bisher noch fast nichts (habe bloss „Flight to Japan“ und „Misty Thursday“), da muss ich gelegentlich mal weiterhören!

    A propos vergessene Pianisten der Bebop Ära… George Wallington wäre da ein weiterer Kandidat, seine Trios (auf einer OJJCD und dem Savoy-Album) sind fantastisch, aber auch die 50er Alben für Prestige und wieder Savoy mit dem Quintett mit Byrd/Woods sind sehr schön. Auch gelegentliche spätere Aufnahmen sind hörenswert.

    Und dann wäre da noch Joe Albany… eine Art Tatum-geprägter Bop-Pianist, so das denn Sinn macht. Leider gibt’s von ihm nicht besonders viel zu hören.

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    #2747585  | PERMALINK

    redbeansandrice

    Registriert seit: 14.08.2009

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    gypsy tail wind
    Und dann wäre da noch Joe Albany… eine Art Tatum-geprägter Bop-Pianist, so das denn Sinn macht. Leider gibt’s von ihm nicht besonders viel zu hören.

    naja, es gibt letztlich schon etwa ein dutzend Alben… das meiste davon allerdings erst ab 1970… hätt ich auch fast zu gepostet, vielleicht ein nächstes Mal… Jordan auf Steeplechase kenn ich auch noch gar nicht (was ich hab aus der Kopenhagener Zeit ist die Doppel-Cd mit Art Pepper, die ist schön…), es gibt viel zu tun…

    ich hab irgendwie das dumpfe Gefühl wir vergessen grad den vergessensten wichtigen Pianisten der Bebop Ära…;-) und ich meine weder Sadik Hakim noch Lennie Tristano… hmm

    --

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    #2747587  | PERMALINK

    katharsis

    Registriert seit: 05.11.2005

    Beiträge: 1,737

    Auf wen spielst Du an? Lou Levy? Tadd Dameron?
    Lennie Tristano ist übrigens auch ein Kandidat für stilbildendes Spiel…Wir sollten auf den „Piano im Jazz“-Thread ausweichen!

    Kleiner Nachtrag: Das zweite Album der „Flight to Denmark“-Sessions ist „Two Loves“…

    --

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    #2747589  | PERMALINK

    redbeansandrice

    Registriert seit: 14.08.2009

    Beiträge: 13,468

    katharsisAuf wen spielst Du an? Lou Levy? Tadd Dameron?
    Lennie Tristano ist übrigens auch ein Kandidat für stilbildendes Spiel…Wir sollten auf den „Piano im Jazz“-Thread ausweichen!

    an Ausweichen hab ich auch schon gedacht (allerdings haben wir uns vorhin ja mühsam mit on topic posts dieses Terrain hier erkämpft ;-) )

    ich hatte eigentlich auf niemanden im Speziellen angespielt, hab höchstens ein Gefühl im Hinterkopf, jemanden zu vergessen… Levy und Dameron sind allerdings wirklich super… Levy war vielleicht der letzte, der sich diesen lyrischen Bop-Stil flexibel und lebendig erhalten hatte…

    --

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    #2747591  | PERMALINK

    nail75

    Registriert seit: 16.10.2006

    Beiträge: 44,711

    redbeansandriceja, da stimm ich irgendwie zu… ob man das jetzt als Leistung oder Sakrileg wertet, ist jedem selber überlassen :lol:

    Leistung! :lol:

    Was die impressionistischen Wurzeln von Evans angeht, stimme ich katharsis zu. Ich liebe Evans sehr. Gerade auf seinen Riverside Alben gibt es so viele Momente purer, intensiver Schönheit. Die Aufnahmen aus dem Village Vanguard zählen zu meinen Lieblingsalben überhaupt. Das Trio bildet eine so perfekte Einheit und Evans spielt so wunderbar harmonisch, da kann ich tagelang zuhören (und mache es auch gerade wieder :-)). Wie Evans Tempo und Dynamik variiert, wie er der Musik Raum verleiht, das liebe ich ganz besonders.

    --

    Ohne Musik ist alles Leben ein Irrtum.
    #2747593  | PERMALINK

    gypsy-tail-wind
    Moderator
    Biomasse

    Registriert seit: 25.01.2010

    Beiträge: 67,009

    Also, back on topic… das hier hab ich gestern grad zweimal nacheinander gehört:

    Dick Katz – Piano and Pen

    Zu finden auf dieser Collectables Doppel-CD:
    http://www.amazon.com/Love-Story-Piano-Dave-Octet/dp/B00004XSIP/ref=sr_1_5?ie=UTF8&s=music&qid=1266563000&sr=1-5

    Ein Quartett-Album des kürzlich verstorbenen Dick Katz, zweifellos einer der unterschätztesten Pianisten seit den 50er Jahren! John Lewis nahm in früh unter seine Fittiche und präsentierte ihn neben René Urtreger und dem mir ansonsten völlig unbekannten Derek Smith auf dem Atlantic Album „Jazz Piano International“ (zu finden auch bei Collectables, gepaart mit dem schönen „The John Lewis Piano“ – ausnahmsweise mal ein Collectables-Twofer, der Sinn macht!).

    Zurück zu Dick Katz – er hat unter anderem mit Benny Carter, Kenny Dorham, Tony Scott, Roy Eldridge und Lee Konitz gespielt und war der Pianist des Posaunen-Duos Jay Jay Johnson & Kai Winding. Für Milestone hat er auch ein paar Alben produziert und gemeinsam mit Helen Merrill zwei der allerschönsten Vocal-Jazz-Alben aller Zeiten eingespielt (zu haben auf einem Mosaic Single twofer, auf dem u.a. auch Jim Hall, Thad Jones, Pete La Roca, Ron Carter, Richard Davis und Elvin Jones zu hören sind). Zwei der schönsten Alben mit Katz am Piano sind für mich „Further Definitions“ von Benny Carter und „Kenny Dorham & The Jazz Prophets“.
    Marc Myers hat auf JazzWax ein spannendes Interview mit Katz veröffentlicht:
    http://www.jazzwax.com/2009/07/interview-dick-katz.html

    Auf „Piano and Pen“ spielt Katz im Quartett, vier Stücke mit Chuck Wayne, vier mit Jimmy Raney. Die Musik wirkt sehr konzentriert und oft auch sehr durchdacht (der „pen“ Teil des Titels), aber sie swingt auch sehr, und Katz pflegt einen äusserst klaren Anschlag. Sein Spiel und auch seine Kompositionen erinnern ein wenig an John Lewis, aber sein Anschlag ist klarer und harter und seine Musik swingt etwas konventioneller (ich liebe Lewis und er swingt „as hell“… aber auf seine ganz eigene Art). Die Dialoge mit Wayne und Raney sind sehr spannend, z.B. auf „Duologue No. 1“. Katz‘ „Round Trip“ ist ein Kanon, „Timonium“ eine Variation über das Blues Schema, dazu gibt’s ein paar schön arrangierte Standards („Glad to Be Unhappy“) und Originals („Afternoon in Paris“ von Lewis, Birds „Scrapple from the Apple“). Zu den Highlights gehört für mich auch seine Version von Fats Wallers „Ain’t Misbehavin'“. Ein sehr sehr stimmiges Album!

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    "Don't play what the public want. You play what you want and let the public pick up on what you doin' -- even if it take them fifteen, twenty years." (Thelonious Monk) | Meine Sendungen auf Radio StoneFM: gypsy goes jazz, #151: Neuheiten aus dem Archiv – 09.04., 22:00 | Slow Drive to South Africa, #8: tba | No Problem Saloon, #30: tba
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