Der letzte Film, den ich gesehen habe (Vol. II)

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    Anonym
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    jan-lustiger
    Ich würde die amerikanische Version nehmen, weil es die „offiziellere“ ist. Die „britische“ ist ein Preview-Cut, der erst in den 90ern entdeckt und dann in britischen Kinos gezeigt wurde, daher die Betitelung als „britische“ Version. Es ist aber nicht so, dass der Film bei Release in Großbritannien so gezeigt wurde. Dem Preview-Cut fehlt die letzte Szene, dafür hat er ein paar Dialogstellen, die später herausgeschnitten wurden, weil man fürchtete, sie würden dem amerikanischen Markt die implizierte Homosexualität eines Charakters zu eindeutig machen. Die Version, die 1951 (in der englischsprachigen Welt) im Kino lief, ist jedenfalls die amerikanische. Was es mit der deutschen Version auf sich hat, weiß ich nicht. Vermutlich ist das nur die synchronisierte Fassung der amerikanischen?

    @jan-lustiger:
    Danke für die liebe Rückmeldung und die Aufklärung, auch wenn es da schon zu spät war. :bye:
    Habe mich allerdings ohnehin intuitiv für die US-Version entschieden, weil ich dann doch zum „Original“ greifen wollte. Schöne, runde Sache. Hätte ich den zehn, zwölf Jahre früher gesehen, wäre der jetzt vielleicht bei meinen Hitch-Faves. So wird mir immerhin eine der stylischsten Abendgarderoben in Erinnerung bleiben, die es seinerzeit auf die Leinwand geschafft haben:

    Danach die letzten Tage ein bisschen in der Giallo-Retro verloren. U.a. Profondo rosso und Sei donne per l’assassino, viel schöner wird es wohl auch nicht werden. Freut mich direkt, dass ich mich mit diesem Gebiet bislang praktisch nicht befasst hab und jetzt gleich im Kino beglückt werde. :heart:  

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    #10878271  | PERMALINK

    gypsy-tail-wind
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    Gestern im Kino – eine Sternstunde:

    Geschichte der Nacht (Clemens Klopfenstein, CH/F/BRD 1979)

    Klopfenstein war dort, es gab ein paar einführende Worte von ihm und dem Co-Leiter des städtischen Filmpodiums und danach ein längeres Gespräch, bei dem auch das Publikum ein paar Fragen stellen durfte. Allergrösster Unterhaltungswert hat dieser liebenswerte, im Understatement und im Filmemachen hochbegabte, junggebliebene Mann … am liebsten würde ich den Film gleich noch weitere Male sehen gehen, aber ich glaub das liegt nicht drin.

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    "Don't play what the public want. You play what you want and let the public pick up on what you doin' -- even if it take them fifteen, twenty years." (Thelonious Monk) | Meine Sendungen auf Radio StoneFM: gypsy goes jazz, #151: Neuheiten aus dem Archiv – 09.04., 22:00 | Slow Drive to South Africa, #8: tba | No Problem Saloon, #30: tba
    #10881703  | PERMALINK

    ford-prefect
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    25 km/h mit Lars Eidinger und Bjarne Mädel
    Auf dem Festival des Deutschen Films auf der Parkinsel in Ludwigshafen.
    Im Beisein von Bjarne Mädel

    Deutsche Filme schaue ich mir nur selten an. Der ist aber wirklich gut gemacht. Zwei ungleiche Brüder, die einander seit drei Jahrzehnten nicht gesehen haben, beschließen mit ihren alten klapprigen Mofas vom Schwarzwald an die Ostsee zu fahren. Dabei erleben die beiden Brüder einige Abenteuer. Gute Unterhaltung. Der Film hat ein paar witzige Zitate aus Easy Rider und Thelma & Louise.

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    #10883385  | PERMALINK

    gypsy-tail-wind
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    Gestern Abend im Kino:

    Fedora (Billy Wilder, FR/BRD 1978) – grossartig!

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    #10883461  | PERMALINK

    ford-prefect
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    Eraserhead (Regie: David Lynch, 1977)

    Ein Klassiker des experimentellen Kunstfilms. Wenige Dialoge, arbeitet mit dunklen Atmosphären, Licht und Schatten. Enthält ein paar eklige Szenen. Hatte mir den aber noch verstörender vorgestellt. David Lynch ist der kryptischste Regisseur aller Zeiten. Trifft aber genau meinen Geschmack. Den müsste man sich mal nachts in der leeren Bundeskunsthalle in Bonn auf großer Leinwand in Endlosschleife anschauen. Oder im Max-Ernst-Museum in Brühl, denn dort gehört er hin.

    --

    Wayne's World, Wayne's World, party time, excellent!
    #10885447  | PERMALINK

    ford-prefect
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    Rossini – Oder die mörderische Frage, wer mit wem schlief (Regie: Helmut Dietl, 1997), arte-Mediathek

    Heiner Lauterbach tut in einer Szene zu Anfang auffällig schlecht so, als könnte er Geige spielen. Man hätte ihm vorab ein paar Unterrichtsstunden geben sollen. Götz George spricht zu schnell und vernuschelt, wahrscheinlich soll das aber zum Ausdruck der Rolle gehören.

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    Wayne's World, Wayne's World, party time, excellent!
    #10885771  | PERMALINK

    gypsy-tail-wind
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    Gestern im Kino:

    Les petites fugues (Yves Yersin, CH 1979) – ein grosser Schweizer Klassiker, den ich tatsächlich zum allerersten Mal gesehen habe … den wuderbaren Michel Robin, der damals noch nicht mal 50 war und die wenigstens 20 Jahre ältere Hauptrolle spielt, kannte ich schon aus Claude Gorettas Meisterwerk „L’Invitation“, aber auch von Nebenrollen, etwa in Alain Resnais‘ bezauberndem „Vous n’avez encore rien vu“ (2012).

    Bei Yersin spielt Robin den alten Knecht auf dem Hof der Familie Duperrex, der Pöstler bringt ihm regelmässig seine Altersrente vorbei (damals noch ein Umschlag mit Geld drin). Der Patron ist ein verhärmter Sturkopf, der Sohn will den Hof in die neue Zeit führen, die Mutter ist weich und gütig und erleidet dann einen Zusammenbruch, die Tochter fühlt sich eingesperrt und hat bereits ein kleines Kind, das eher von der Grossmutter betreut wird, neben dem alten Knecht gibt es noch den Italiener Luigi, ein Saisonnier (auch so ein Skandal, der noch bis in die frühen Nullerjahre lief), mit dem die Tochter dann auch was hat, war ja klar … Pipe, der alte Knecht also, geht irgendwann plötzlich weg – zum Bahnhof, um sein Moped abzuholen. Dieses stösst er den ganzen Weg zum Hof zurück und stellt es in seine Kammer. Luigi bringt ihm dann das Fahren bei, was natürlich nicht ohne Streit und Slapstick geht … und so beginnt Pipe, die Welt jenseits des Hofes zu erforschen. Er macht Ausfahrten inss Dorf, auf einen Hügel, er besucht die Tochter der Familie bei ihrer Arbeit in der Schokoladefabrik und fehlt immer wieder bei der Arbeit. Und bei einer Fahrt durch den Wald hebt die Kamera – die auf dem Moped montiert wurde bzw. dies suggeriert – ab und beginnt, zu fliegen, erhebt sich über die Wipfel der Bäume und schwebt plötzlich in der Höhe, mit Blick auf die Felder und Dörfer und bis zum Genfersee.

    Schliesslich führt ihn das bis zu einem Motocross-Rennen, wo er zudem bei einer Verlosung das korrekte Gewicht eines Motorrades samt Hostesse schätzt und so eine Polaroid-Kamera gewinnt. Er betrinkt sich, pöbelt Leute an, spielt am Tisch denselben Streich, den er vorher zwei kleinen Jungs abgeschaut hat (kleine Senftube, Deckel ab, Faust drauf …) – schliesslich fliegt er raus, die Polizei bringt ihn und sein Moped zurück auf den Hof. Moped fahren ist damit vorbei – im Dorf kennt ihn längst jeder, natürlich auch der Dorfpolizist (selbst mit dem Moped unterwegs).

    Pipe befreit sein Moped aus dem Werkzeugschuppen und zündet es auf einer Wiese an, mit dem grossen Hammer, der zum Einschlagen von Zaunpfosten benutzt wird, zertrümmert er das brennende Wrack. Fortan erkundet er die Welt – die nun Grossteils wieder auf den Hof geschrumpft ist – mit seiner Sofortbildkamera. Er knipst sich selbst in seiner Kammer, im Hintergrund ein Foto des geliebten Matterhorns, er fotografiert die Familie, Luigi, sich selbst, bei der Arbeit, beim Haareschneiden, den Patron auf dem Traktor, die Tochter wie sie ihm, Pipe, die Haare schneidet, die Kühe, die Hühner, den Misthaufen, auf dem er täglich beschäftigt ist. Schliesslich gönnt er sich einen Helikopterflug rund um das Matterhorn – er sieht all das Eis und all den Stein, meint die Kuppe sei erstaunlich glatt: da seien morgens halt ganz viele, die dort hochsteigen und dann ihr Picknick veranstalten. Als der Pilot meint, ob er nun noch den Gletscher sehen wolle, es blieben noch zehn Minuten und die müsse man doch nutzen, will Pipe wieder nach unten.

    Ein leiser Film, der oft Schmunzeln macht, ein Film der nebenbei und ganz leise die Enge der Schweiz in jener Zeit zeigt, eine beklemmende Enge, der nur Pipe und die Tochter gerne entrinnen würden oder eher: nur sie erkennen, dass überhaupt ein anderes Leben möglich wäre. Sehr still ist auch die Ironie, die sich durch den ganzen Film zieht, der letzten Endes aus dieser stillen Ironie eine umwerfende subversive Kraft entfaltet – und das ohne je offen anzuklagen oder den Zeigefinger zu erheben; alles nicht nötig, es reicht die Beobachtung, die aber auch nie zur Entlarvung wird. Ein sehr feiner Film also, und ja, ein Meisterwerk!

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    "Don't play what the public want. You play what you want and let the public pick up on what you doin' -- even if it take them fifteen, twenty years." (Thelonious Monk) | Meine Sendungen auf Radio StoneFM: gypsy goes jazz, #151: Neuheiten aus dem Archiv – 09.04., 22:00 | Slow Drive to South Africa, #8: tba | No Problem Saloon, #30: tba
    #10887065  | PERMALINK

    fifteenjugglers
    war mit Benno Fürmann in Afghanistan

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    FERRIS BUELLER’S DAY OFF von John Hughes (USA 1986)

    Zum ersten Mal gesehen. Nicht zeitlos, aber charmant, unschuldig und oft ziemlich komisch. Und ja, trotz der fiesen Frisur verstehe ich, dass Jennifer Grey und nicht Mia Sara der Star wurde.

    EL ESPÍRITU DE LA COLMENA von Victor Erice (Spanien 1973)

    Spanien kurz nach dem Ende des Bürgerkriegs. Die sechsjährige Ana (Ana Torrent mit einer unglaublichen Präsenz – alleine diese Augen!) lebt mit ihren Eltern und mit ihrer älteren Schwester in einem Dorf irgendwo auf der kargen kastilischen Hochebene. Die Eltern scheinen jeweils in einer eigenen Welt gefangen – der Vater widmet sich der Bienenzucht, die Mutter schreibt Briefe an einen Empfänger, dessen Identität unklar bleibt. Anas wichtigste Bezugsperson ist daher ihre Schwester Isabel. Als ein Wanderkino ins Dorf kommt, sieht Ana zum ersten Mal einen Film. Dabei handelt es sich dann direkt um FRANKENSTEIN von James Whale, der sie nachhaltig beeindruckt. Insbesondere die Beziehung des Monsters zu dem kleinen Mädchen, das später getötet wird, beschäftigt sie. Als sie später in einer Scheune auf einen verwundeten Soldaten trifft, löst sich die zuvor schon sehr durchlässige Grenze zwischen Realität und Phantasie fast vollständig auf. Erices Debütfilm wirkt poetisch, aber auch eindringlich und unmittelbar, kann aber auch als Allegorie auf das Heranwachsen einerseits und auf Spanien und die Frühzeit der Franco-Diktatur andererseits gesehen werden. EL ESPÍRITU DE LA COLMENA, den ich jetzt zum ersten Mal im Kino gesehen habe, gilt als einer der besten spanischen Filme aller Zeiten, und das meiner Meinung nach zu Recht. Bin allerdings für weitere Sichtungsvorschläge dankbar.(Danach dann unbedingt CRÍA CUERVOS von Saura schauen (auch mit Torrent) – der wirkt fast wie eine Fortsetzung, spielt aber ganz gegen Ende der Franco-Diktatur.)

    THE ROOM von Tommy Wiseau (auch Drehbuch und Hauptrolle, USA 2003)

    Das filmische Äquivalent eines multiplen Organversagens, nur lustiger. Lisa ist Johnny’s future wife, betrügt Johnny aber mit Mark, obwohl Mark Johnny’s best friend ist. Es gibt Sex zu vom Himmel regnenden Rosenblättern, ohne jeden Zusammenhang wird im Smoking Football gespielt (es wird überhaupt viel Football gespielt, besser: der Ball hin und her geworfen), Johnnys Protegé Denny hüpft regelmäßig ins Bild wie ein Kastenteufel, Dialogzeilen, die beim ersten Mal schon grottig waren, werden bis zum Überdruss recycelt und fast alle Dialoge enden mit „I’ve got to go“ oder „I don’t wanna talk about it“. Den Vogel schießt Wiseau aber mit seiner darstellerischen Leistung ab. Die „Oh, hi, Mark!“-Szene ist ja hinlänglich bekannt, aber Wiseau versagt eigentlich in jeder Szene. Entweder wirkt er so emotional wie ein Androide (sein Lachen!) oder er ergeht sich im Overacting, dass selbst ein Nicolas Cage in seinen schlimmsten Tagen auf den nächsten Baum flüchten würde (das Finale!). Tragischerweise nahm er selbst das Ganze furchtbar ernst – erst im Nachhinein erklärte er den Film zur „black comedy“.

    LITTLE JOE von Jessica Hausner (Deutschland/Österreich/UK 2019)

    INVASION OF THE BODY SNATCHERS reloaded: Genmanipulierte Pflanzen setzen Viren frei, mit denen sie die Menschen kontrollieren. Wissenschaftlich gesehen ist das natürlich Stuss, aber visuell toll gemacht. Laut Hausner geht es vor allem um menschliche Beziehungen – zum Glück, denn der Film lässt auch eine Lesart zu, die in Richtung verquerer Verschwörungstheorien geht.

    zuletzt geändert von fifteenjugglers

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    "Don't reach out for me," she said "Can't you see I'm drownin' too?"
    #10887297  | PERMALINK

    ford-prefect
    Feeling all right in the noise and the light

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    Shining (Regie: Stanley Kubrick / mit Jack Nicholson, 1980)

    Wunderbare Kamerafahrten, Soundkulissen und Atmosphären, eingebettet in die Innenarchitektur der 60er/70er Jahre.

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    Wayne's World, Wayne's World, party time, excellent!
    #10887305  | PERMALINK

    Anonym
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    Der Staat gegen Fritz Bauer
    Regie: Lars Kraume
    2015

    Spannend aufbereitete deutsche Nachkriegsgeschichte. Großartig: Burghard Klaußner in der Titelrolle des hessischen  Generalbundesanwaltes Fritz Bauer. Es wird deutlich, mit welchen Schwierigkeiten die  Verfolger der Kriegsverbrecher in den späten 50ern  zu kämpfen hatten, als noch viele ehemalige NSDAP Mitglieder in den Ämtern saßen. Außerdem wird auch die verlogene  Moral dieser Zeit anhand einer Nebenhandlung , in der es um Homosexualität  geht,    gut beleuchtet.

    Meine Wertung: ****1/2

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    #10889875  | PERMALINK

    gypsy-tail-wind
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    Vorgestern im Kino: Die Bösen schlafen gut (Akira Kurosawa, JP 1960) – hervorragend! Das war wohl der letzte Film im Sommerprogramm … Ende Woche geht es dann mit dem Filmfestival los (ich habe mir ein kleines Programm zusammengestellt, nächsten Freitag ein Nachmittag/Abend mit drei Filmen und Anfang Oktober noch drei weitere auf zwei Tage verteilt – muss ja noch arbeiten zwischendurch.

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    #10891157  | PERMALINK

    gypsy-tail-wind
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    Nach der Arbeit rasch ins Kino:

    Smrt u Sarajevu (Mort à Sarajevo) (BA 2016) – wie es scheint die CH-Premiere, mit nur mal drei Jahren Verspätung … ein ziemlich gutes Kammerspiel, auch wenn die Vorlage vom ziemlich unsäglichen BHL kommt.

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    #10895385  | PERMALINK

    gypsy-tail-wind
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    Zurich Film Festival (1/2)

    Freitag ging ich mal wieder ans Filmfestival, das sich inzwischen im städtischen Kulturkalender etabliert hat. Ob es ein Konzept gibt oder sowas ähnliches, weiss ich nach wie vor nicht – ich muss mich jeweils durch das vollständige Programm wühlen und mühsam eine Liste mit Filmen und Terminen kritzeln, um die Dinge zu finden, die mich interessieren und die zeitlich auch irgendwie reinpassen (so wird man quasi zu seinem eigenen Kurator, denn daran krankt das Festival schon ein wenig, mit seinen zahlreichen Wettbewerben und sonstigen Reihen). Dieses Jahr machte ich mir die Mühe wieder einmal, nachdem ich zwei Jahre ausgelassen hatte (wegen Urlaub und anderen Terminen). Drei Filme gab es letzten Freitag, drei weitere morgen und Mittwoch.

    G Affairs (Cheuk Pan Lee, HK 2018) | Los ging es mit diesem irren Film, der im Programm unter Genre als „Mystery“ geführt wird, aber gerade so gut, Thriller, RoCo (fast ohne „Ro“ allerdings), und Satire ist. G ist der Lieblingsbuchstabe eines Jungen, der Cello übt (die erste Suite von Bach in G-Dur natürlich), als der abgetrennte Kopf einer Frau dahergeflogen kommt. Neben dem Schüler, der Cello spielt, gibt es seinen autistischen Klassenkameraden und eine talentierte Schülerin, die von allen gemobbt wird, ihren korrupten Cop-Vater, der nach dem Tod der Mutter eine Prostituierte vom Festland zur Frau nahm (er nistet sich beim Cellospieler ein und hat täglich vor dessen Augen Sex mit verschiedenen Prostituierten, zudem einen bigotten christlichen Lehrer, der die Schülerin missbraucht und sie und ihre Stiefmutter (deren Kunde er ist) zum Gottesdienst mitnimmt, nebenher wird natürlich im Fall des abgetrennten Kopfes ermittelt, der Autist wird Waterboarding unterzogen, der Cellist sitzt auf dem Spitalbett, weil er vor Schreck hintüber kippte und sich dabei am Kopf verletzte … klingt wirr? Ist es auch, denn das alles wird nicht etwa linear erzählt sondern in einem wüsten aber mitreissenden Bilderreigen, gruppiert in diverse Kapitel mit Zwischentitel, die alle mit dem Buchstaben G anfangen. Ach so: einen Hund namens „Gustav“ gibt es auch noch, ein Bild von Klimt, ein Portrait von Mahler, die Schülerin hat natürlich nicht „G-Cup“ usw. Irrer Film!
    * * * *1/2

    Una Primavera (Valentina Primavera, AT/DE/IT 2018) | Der Film war eigentlich nur der passende Lückenfüller (das ZFF findet über die halbe Stadt verteilt statt und das Herumfahren dazwischen muss natürlich ebenfalls eingeplant werden, Alternative wäre der Dokfilm „Shooting the Mafia“ über die Fotografin Letizia Battaglia gewesen, der aber im falschen Kino lief – und eher mal regulär zu sehen sein dürfte) – aber entpuppte sich als äusserst sehenswert. Dass die Regisseurin und ihr Kameramann (und Partner?) anwesend waren und sich nachher eine recht gute Diskussion entwickelte, war auch schön. In „Una Primavera“ dokumentiert die in Berlin lebende Regisseurin den Prozess der Abnabelung ihrer 60jährigen Mutter. Nach Jahrzehnten der Ehe mit einem gewalttätigen Mann (dem Vater der Regisseurin) und viel Arbeit, flieht die Mutter für zwei Monate nach Berlin zur Tochter, kehrt dann aber zurück, um zum Rechten zu sehen im Haus, das sie einst geplant hatte … und um die Scheidung einzureichen. Die Tochter begleitet sie, filmt Begegnungen mit ihren Geschwistern, die im Dorf in Apulien geblieben sind, mit ihrer Grossmutter, ihrer Nichte, auch der Vater kommt – flennend, dann erklärend – vor, tut schliesslich so, als wolle er sich ändern und verstehe die Welt nicht mehr … ein Film, der manchmal brutal voyeuristisch ist, aber in dem doch auch eine gewisse Distanz herrscht. Die in der Ferne lebende, kinderlose Tochter begreife nicht, was „Familie“ heisse, meint der Vater einmal. Der Familie, das wird aus dem Film klar, kann man in dieser Welt nur durch den Tod entkommen. Auch die Mutter lebt am Ende wieder im Haus, getrennt, im oberen Stock, doch natürlich kocht sie bald wieder für alle, will und braucht ihr Leben zurück, Was ohne den Mann eben gar nicht denkbar ist. Krass.
    * * * *

    Three Husbands (Fruit Chan, HK 2018) | Den Abschluss machte dann ein total irrer zweiter Film aus Hong Kong. Von der Erzählweise her konventionell, von der Story her irgendwas zwischen Groteske, Satire (das die Genre-Bezeichnung im Programm), Horrormärchen, griechischer Tragödie … natürlich ist das, wie schon der erste Film, auch eine politische Parabel, ein Kommentar zu Hong Kong. Eine Zumutung jedenfalls, dieser Film. In Kürze: eine zurückgebliebene, über eine völlig bekloppte, nicht zu befriedigende Libido verfügende junge Mutter, die mit ihrem Vater (Ehemann Nr. 1 aka „big brother“, vermutlich auch Vater ihres Kindes) auf einem Boot im Hafen lebt, wird von diesem und seinem Fischerkumpanen (Ehemann Nr. 2 aka „second brother“, ein notorischer Spieler und wohl ihr offizieller Ehemann, auf dessen Kahn sie lebt) prostituiert. Dann heiratet sie, zieht aufs Festland, gerät so in feste Bahnen und damit die Welt aus den Fugen, also zieht sie samt Ehemann (Nr. 3 aka „little brother“) – aufs Boot zurück und die drei „Ehemänner“ versuchen, genügend Männer zu finden, um sie bei Laune zu halten … vom einstigen Standplatz vertrieben machen sie sich schliesslich auf, die sagenhafte Herkunft der jungen Frau, die von Meerjungfrauen abzustammen scheint, zu erforschen und dabei ihre alles Fressende Libido zufriedenzustellen, was sich zunehmend als unmöglich entpuppt (dabei kommen u.a. Aale, der Stummelarm und weiteres zum Einsatz). Der Film driftet vom halbwegs Realistischen ersten Teil (mit weiteren Handlungselementen) in eine Art Odyssee, in der die junge Frau zur Sirene wird – er verliert darob auch seine Farbe und bietet manchmal völlig irre Bilder, wird aber auch ziemlich monoton. Am Ende segeln die beiden Kutter („big brother“ wird von „second brother“ geschleppt) mit der Sirene im knallroten Cape als Galionsfigur … ja, wohin eigentlich? Die Welt jedenfalls wird nicht mehr farbig, der Film ist dann doch noch zu Ende, die drei Vorstellungen übrigens ausverkauft (Première im deutschsprachigen Gebiet glaube ich, die anderen beiden waren wohl auch Europa- bzw. Schweiz-Premiere, doch auf solche Details weist das unübersichtliche Programm nicht einmal hin).
    Ein Rating kriege ich da nicht hin, zu rätselhaft bleibt mir der Film … nichts für empfindliche Gemüter, aber für alle anderen schon sehenswert.

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    "Don't play what the public want. You play what you want and let the public pick up on what you doin' -- even if it take them fifteen, twenty years." (Thelonious Monk) | Meine Sendungen auf Radio StoneFM: gypsy goes jazz, #151: Neuheiten aus dem Archiv – 09.04., 22:00 | Slow Drive to South Africa, #8: tba | No Problem Saloon, #30: tba
    #10895526  | PERMALINK

    fifteenjugglers
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    Zuletzt im Kino gesehen:

    BÜBCHEN von Roland Klick (Deutschland 1968)

    Ein Zehnjähriger erstickt seine kleine Schwester mit einer Plastiktüte. Vorher und nachher viel Alltagstristesse im Spießermilieu der unteren Mittelschicht. Mir ist, während ich den Film geschaut habe, vor allem ein anderer Film in den Sinn gekommen, nämlich WARUM LÄUFT HERR R. AMOK? von Michael Fengler und R.W. Fassbinder. Anders als beim letztgenannten geschieht der Mord hier aber relativ früh und fast nebenbei. Wo der Zuschauer daher bei Fengler zum Schluss fast aufatmet (hier schrieb mal jemand sinngemäß: „Man greift quasi selbst zur Axt“), bleibt bei Klick eine Beklemmung zurück, die sich angesichts der anschließenden Reaktion des Jungen, vor allem aber der Erwachsenen, nach und nach in alle Knochen frisst.

    Fun fact: Bei der Wiederaufführung ein Jahr später lief der Film unter dem Titel DER KLEINE VAMPIR.

     

    AD ASTRA von James Gray (USA 2019)

    Ein Astronaut reist auf der Suche nach seinem seit Jahren verschollenen Vater ans Ende des Sonnensystems. Ein anständiger, aber mitnichten ein sehr guter Film. Ich mag Brad Pitt ja immer mehr, je älter er wird, und es ist natürlich toll, Tommy Lee Jones und Donald Sutherland nochmal auf der Leinwand zu sehen. Die Bilder sind ebenfalls beeindruckend, aber insgesamt ist mir der Film zu epigonal und ohne wirklich zündende Ideen.

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    "Don't reach out for me," she said "Can't you see I'm drownin' too?"
    #10895528  | PERMALINK

    fifteenjugglers
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    fifteenjugglersAD ASTRA von James Gray (USA 2019) Ein Astronaut reist auf der Suche nach seinem seit Jahren verschollenen Vater ans Ende des Sonnensystems. Ein anständiger, aber mitnichten ein sehr guter Film. Ich mag Brad Pitt ja immer mehr, je älter er wird, und es ist natürlich toll, Tommy Lee Jones und Donald Sutherland nochmal auf der Leinwand zu sehen. Die Bilder sind ebenfalls beeindruckend, aber insgesamt ist mir der Film zu epigonal und ohne wirklich zündende Ideen.

     
    P.S.: Dietmar Dath dazu: „kaum durchdacht, aber sehr teuer und total gut gemeint“ B-)

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    "Don't reach out for me," she said "Can't you see I'm drownin' too?"
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