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AnonymInaktivRegistriert seit: 01.01.1970
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Ja. Das lag aber vielleicht auch daran, dass ich eine vollkommen andere Erwartungshaltung an den Film hatte. Im Vorfeld dachte ich, einen billigen Amateur-Schocker wie „August Underground“ zu bekommen, der nur auf Tabubruch setzt. Die gelungene künstlerische Umsetzung (von den Bildern bis zum Soundtrack) hat mich dann aber sehr positiv überrascht.
Ich habe „A Serbian Film“ wahrscheinlich besser „verpackt“ als „Eden Lake“. :lol:--
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Werbung„Eden Lake“ war auch heftig, aber sau spannend und voller talentierter Schauspieler.
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Harry RagAttenberg
(Regie: Athina Rachel Tsangari – Griechenland, 2010)Nach „Dogtooth“ ist „Attenberg“ meine zweite Begegnung mit dem neuen griechischen Film. An beiden Werken ist Giorgos Lanthimos beteiligt, beim ersteren als Regisseur, bei diesem hier als Darsteller.
Regisseurin Athina Rachel Tsangari bedient sich gewollt spröder, statischer und schmuckloser Bilder, die das Dasein von Marina (Leben kann man dieses Vegetieren in Theorie und Warteschleife kaum nennen) nüchtern und sachlich umrahmen, wie die eher hässlichen Bauten ihres todkranken Vaters (einem Architekten, der sich mittlerweile für sein Lebenswerk schämt) das kleine Örtchen auf einer griechischen Insel einrahmen. Er verantwortet die bauliche Umsetzung einer übereilten Industrialisierung, die das ursprüngliche Griechenland unter Betonschrott begraben hat. Er hat keine Freunde, keine Frau, er hat keine Lust am Leben und nichts als zynische Verachtung für das Sterben und den Tod übrig. Einzig seine Tochter, mit der er eine Vorliebe für die Tierdokumentationen von Sir David Attenborough teilt, reißt ihn aus seiner Lethargie, besser gesagt: das künftige Leben seiner Tochter (ohne ihn), denn Marina erscheint emotionslos und asexuell. Sie ist in etwa so sehr am Leben interessiert wie ihr Vater. Trotzdem schafft es ihre beste Freundin Bella die Neugier von Marina zu wecken und einen kleinen Funken des Interesses in ihr zu entzünden.
Diesen kalten und eher humorlosen Hintergrund des Films unterbricht Tsangari hin und wieder durch kleine, tänzerische Einlagen, die wie Zäsuren wirken und den Film in mehrere Abschnitte unterteilen. Die grotesken Bewegungen dazu scheint man sich im „Ministry of Silly Walks“ von John Cleese ausgedacht zu haben.
Eine ähnliche Aufmerksamkeit zieht auch die musikalische Gestaltung von „Attenberg“ auf sich. So ist der Einsatz von „Ghost Rider“ der Band Suicide nach dem züngelnden Prolog gewagt, unterlegt dieser Track doch Bilder, die man nicht unbedingt mit einem Song vom ersten, dunkel-fieberigen Album dieser Band verbinden würde. Auch später tauchen weitere Tracks von Suicide auf, die immer leicht deplatziert wirken. Man kann den Tanz am Totenbett des Vaters zu „Be Bop Kid“ rührend oder einfach nur grotesk finden – fest steht, dass Marina es geschafft hat, sich aus ihrem Panzer zu lösen. Aus der eher unbeholfen wirkenden jungen Frau, die ihre ersten sexuellen Erfahrungen durch einen Dokumentarkommentar (wie sie ihn bei Attenborough viele Male gesehen hat) versaut, wird eine Erwachsene, die Tabus (wie den Sex mit Sterbenden oder eine familiäre, elektrale Annäherung) durchaus für sich und ihr Seelenleben zu nutzen weiß.
Interessant ist auch die Perspektive auf Sexualität, die in westlichen Gesellschaften einmal in einer klinisch-sauberen, wissenschaftlichen Art gelehrt wird und trotzdem mit einer Vielzahl an dämlichen Regeln und Erwartungen aufgeladen ist. Man nehme nur den pseudoromantischen Gedanken, dass Sexualität etwas Kostbares sei, das man erst wie ein zartes Pflänzchen schützen und dann sparsam verwenden müsse. Sexualität ist nicht die Trinkwasserreserve des Sudans. Sex ist Rumlecken, Reinstecken und den „Kolben“ arbeiten lassen, an dessen Ende dieses Geschöpf namens Mann hängt. Ich behaupte nicht, dass dies eine der Regisseurin genehme Interpretation ihrer Arbeit ist, es sind aber Gedanken, die „Attenberg“ in mir heraufbeschworen hat.
Auch mit dem Tod und den damit verbundenen Unannehmlichkeiten setzt sich Marina auseinander. Zuerst ähnlich angewidert wie durch die Sexualität, sieht sie sich in diesem Feld ebenfalls mit Sinnlosem und dämlichen Ritualen konfrontiert, nur noch getoppt, durch die oberflächliche und empathielose Art der Menschen damit umzugehen.
Der Ernst des Lebens, den man ihr als Spaß verkaufen wollte, hat begonnen. Die wilden Tollereien im Bett ihres Vaters, das Tierspielen und Tiersein sind vorbei. Und Marina kann damit umgehen.Schön geschrieben, jetzt würde mich noch interessieren, wie Dir der Film gefallen hat.
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AnonymInaktivRegistriert seit: 01.01.1970
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Ich kann deine Begeisterung nachvollziehen, teile sie aber nicht gänzlich. Gegenüber „Dogtooth“ ist „Attenberg“ der weniger gute Film.
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Harry RagIch kann deine Begeisterung nachvollziehen, teile sie aber nicht gänzlich. Gegenüber „Dogtooth“ ist „Attenberg“ der weniger gute Film.
Okay, danke. Ich gebe beiden **** 1/2, „Attenberg“ erhält aber wegen seiner Brechungen in Form der „Silly Walks“, der „Animal Actings“ und insbesondere der „Tous les garçons et les filles“-Szene (!!! spätestens da hatte mich der Film) leicht den Vorzug.
Ach so, und der bessere „Srpski film“ ist für mich „Zivot i smrt porno bande“.
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AnonymInaktivRegistriert seit: 01.01.1970
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„Leben und Sterben einer Pornobande“? Ja.
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Heute abend im Kino: A Life of Her Own (George Cukor, USA 1950) – mit einer splendiden Lana Turner in der Hauptrolle. Cukor scheint den Film ja nicht gemocht zu haben … zu Unrecht, würde ich mal sagen. Der spätere Jazz Standard „Invitation“ (von Bronislaw Kaper) nahm hier wie es scheint seinen Ursprung, im gleichnamigen Film zwei Jahre später wurde er dann mit Worten versehen, hier zieht sich das schöne Thema instrumental durch den ganzen Soundtrack.
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"Don't play what the public want. You play what you want and let the public pick up on what you doin' -- even if it take them fifteen, twenty years." (Thelonious Monk) | Meine Sendungen auf Radio StoneFM: gypsy goes jazz, #163: Neuentdeckungen aus dem Katalog von CTI Records (Teil 2), 13.5., 22:00 | Slow Drive to South Africa, #8: tba | No Problem Saloon, #30: tba„Drive“, Winding Refn, 2011, *1/2
Ich hätte es wissen müssen. Das Buch hatte ja schon keine Story, keine Spannung, keinen Stil.
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I hunt aloneYou Got Mail (Nora Ephron) :liebe:
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Arise now, ye Tarnished/Ye dead, who yet live/ The call of long-lost grace speaks to us allDer Film hat jedenfalls all das.
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Hold on Magnolia to that great highway moonJan_JanYou Got Mail (Nora Ephron) :liebe:
Ephrons letzter Film „Julie & Julia“ ist übrigens auch toll (und die schönste Hanks-Ryan-RomCom gibt es mit „Joe Versus The Volcano“).
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A Kiss in the DreamhouseNapoleon DynamiteEphrons letzter Film „Julie & Julia“ ist übrigens auch toll (und die schönste Hanks-Ryan-RomCom gibt es mit „Joe Versus The Volcano“).
Ja, die finde ich auch besser als You Got Mail. Als man Meg Ryan noch ansehen konnte.
@genosse schulz: du fliegst gleich aus dem Thread!
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If you talk bad about country music, it's like saying bad things about my momma. Them's fightin' words.latho@genosse schulz: du fliegst gleich aus dem Thread!
Wegen dem Buch- oder dem Filmveriss?
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I hunt aloneDas Streben nach Glück – Gabriele Muccino ***
Der Blender/The Imposter – Bart Layron ****
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“It's much harder to be a liberal than a conservative. Why? Because it is easier to give someone the finger than a helping hand.” — Mike Royko„Tangled“ (Nathan Greno, Byron Howard)
:liebe: :liebe: :liebe: :liebe: :liebe:
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