Chronological Coltrane

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  • #7658287  | PERMALINK

    gypsy-tail-wind
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    Hab gestern mein jährliches auffährtliches „Ascension“-hören absolviert und war überrascht, wie zugänglich und swingend ich diese Aufnahmen mittlerweile finde!
    Ich kenne die „Master Works“ GRP-Doppel-CD schon seit über 15 Jahren und hatte gehörig Mühe, da reinzukommen. Mein Zugang zum freien Coltrane erschloss sich über „Sun Ship“, „Meditations“ und „Interstellar Space“, mit den Stücken in grösserer Besetzung hab ich länger Mühe gehabt. Aber gestern fand ich die „Ascension“ (in beiden Editionen) richtig grandios und sehr zugänglich, über weite Strecken sehr swingend!

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    "Don't play what the public want. You play what you want and let the public pick up on what you doin' -- even if it take them fifteen, twenty years." (Thelonious Monk) | Meine Sendungen auf Radio StoneFM: gypsy goes jazz, #151: Neuheiten aus dem Archiv – 09.04., 22:00 | Slow Drive to South Africa, #8: tba | No Problem Saloon, #30: tba
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    #7658289  | PERMALINK

    atom
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    Den Zugang kann man durchaus mit etwas vorheriger Erfahrung bzw. Beschäftigung mit Coltranes musikalischem Weg dorthin erlangen. „Ascension“ muss nämlich wirklich kein unzugängliches Werk sein.

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    Hey man, why don't we make a tune... just playin' the melody, not play the solos...
    #7658291  | PERMALINK

    gypsy-tail-wind
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    Hab das alles gestern aus Versehen bzw. wegen der Diskussion über die Prestige-Alben im Prestige-Thread gepostet… wollte aber eigentlich hier, weil’s nicht nur um Prestige-Aufnahmen geht sondern um ein paar Ideen zu frühen Coltrane-Sessions mit Miles etc.

    Also hier die entsprechenden Posts, und weiteres zu Coltrane werde ich auch hier posten, hoffentlich regelmässig in den kommenden Tagen!

    gypsy tail windDiese Diskussionen hier lassen mich zum frühen Coltrane zurückkehren… hab heute abend die „Miles“ gehört, also die November 1955 Prestige-Aufnahme, dazu die beiden Live-Stücke vom Tag danach (jazzdisco gibt Oct 18, 1955 für die Live-Session bei Steve Allen, im Concord-Set ist Nov. 17 angegeben, „Miles“ wurde am 16. Nov. aufgenommen), beides aus der Concord 4CD Box „The Miles Davis Quintet – Legendary Prestige Quintet Sessions“. Die und die drei Coltrane-Boxen („Fearless Leader“ mit den eigenen Alben, „Interplay“ mit den Jam Sessions und Co-Leader Alben, sowie „Side Steps“ mit den Sidemen Alben) sind wohl der beste Weg, die Coltrane Prestige-Zeit heute abzudecken. Die Boxen sind sehr sehr schön gemacht, enthalten gute (kurze) Texte in den Booklets, dazu Abbildungen der Original-Cover und die Original-Liners und natürlich eine Diskographie, sowie schöne Fotos. Und das beste ist, dass sie ziemlich preiswert zu haben sind, wenn man sich etwas umschaut oder Geduld hat… auf amazon.de sind sie derzeit allerdings eher teuer).
    Leider fehlen auf den Sidemen und Jams Sets jeweils die Stücke ohne Coltrane, das betrifft die Alben „Cattin‘ with Coltrane & Quinichette“, „The Cats“, sowie die beiden Gene Ammons-Alben… und natürlich das Album von Rollins mit der Miles Rhythmusgruppe, wo Coltrane nur auf einem Stück mitspielte. Von einem Red Garland Album (Dig It) und einem Art Taylor Album (Taylor’s Wailers) ist je nur ein Stück drin – die stammen von anderen Sessions und wurden auf den betreffenden Alben mit Sessions ohne Coltranes Mitwirkung veröffentlicht. Richtig blöd ist die Sache eigentlich nur bei „The Cats“ und „Cattin‘ with“, wo das Trio-Feature bzw. das Quinichette-Feature fehlen.

    Also… zu den 1955er Miles Sessions… da klingt Coltrane irgendwie schon ziemlich gut, das stimmt, aber mich dünkt dass er manchmal rumfummelt und sein Kopf weiter ist als seine Finger, dass er mal was versaut oder einfach nicht recht hinkriegt. Das ist allerdings nicht weiter schlimm, und eben: sein Ton ist schon ziemlich gut.

    Jetzt läuft nochmal „Chamber’s Music“ (ursprünglich auf Jazz West, dann 1976 auf Blue Notes Doppel-Album „High Step“ mit der Transition Session und Teilen von „Whims of Chambers“, danach auf einer CD mit der Transition Session, glaub ich… und zuletzt mit all den genannten Sessions, sowie den beiden anderen Chambers Blue Notes und der Chambers/Blakey Duo-Session auf dem „Mosaic Select“ von Chambers – sehr zu empfehlen und derzeit noch zu haben).
    Auch hier klingt Coltrane noch rauh und ungeschliffen, aber es gibt auch gute Momente, z.B. auf einer frühen Version von „Trane’s Blues“.

    Und um das noch ausführlichen wiederzugeben mit Hentoff etc: Dan Morgenstern schrieb die Liner Notes für die erwähnte Doppel-LP 1976, er zitiert darin diese frühen Statements zu Coltrane, ich tippe das mal ab, damit ihr’s korrekt und komplett habt hier:

    It is equally startling to recall the controversy aroused by the playing of the almost unknown 29-year-old tenorist in the group [dem Miles Davis Quintet – gtw]. What Coltrane was offering when he first joined Miles seems starkly simple in the light of what came later. Nonetheless, his sound and style struck many listeners as abrasive, and few critics knew what to make of the music of this intense, serious man. In his playing on the first LP with Miles, Nat Hentoff found „a general lack of individuality“ (!) while Ralph G. Gleason’s assessment of the disc containing the first six items on this set included these lines: „Coltrane sounds best on Visitation where his tone and attack are not so freakish.“ [auf dem Stück spielt er gar nicht mit… – gtw]
    It may not be cricket to second-guess one’s colleagues, but the point here is not one-upmanship but historical perspective. I wasn’t yet writing about jazz in 1955, but my first reaction to Coltrane was not much more perceptive. I was put off mainly by his tone, which seemed dry and harsh.
    ~ Nat Hentoff, aus den Liner Notes von „High Step“, Blue Note BNLA 451-2, 1976

    Und Hentoff schreibt auch noch ganz kurz über die Lehrmeister und ehemaligen Bandleader von Coltrane und ihre Bedeutung:

    No doubt he learned important things about his art and craft from work with Eddie Vinson, the Texas blues shouter and Parker-tinged alto saxophonist, and he acknowledged that Earl Bostic, in whose succesful combo he spent a year or so, had taught him a great deal about saxophone technique of the kind you don’t learn in school. And from the period with Johnny Hodges, that supreme master of melodic exposition, came a legacy he cherisched and applied in his own distinctive way.
    The pontentially most significant pre-Miles assotiation was with Dizzy Gillespie, but the bulk of that was spent playing third also in Dizzy’s big band, though there was a short stretch in a combo Diz put together after the band broke up. Trane was back on tenor for this, and Milt Jackson, Kenny Burrell and Percy Heath were also aboard. There were also brief stints with Bud Powell and Jimmy Smith before Miles beckoned. By then, he was ready, and even if the world of jazz wasn’t ready for him, acceptance would have to be on his terms.
    ~ Nat Hentoff, aus den Liner Notes von „High Step“, Blue Note BNLA 451-2, 1976

    Und jetzt bin ich schon bei der Transition-Session angekommen mit hören… und da ich neulich grad diesen Thread wiederfand, wo es auch ein Zitat von David Wild gibt (dessen Website kann ich nicht lesen momentan, hoffe die kommt wieder!) Link (Post #26) < - sehr schön der Satz über Red Garland: "Then Roland Alexander takes over for Garland, who was unable to make the date due to chorus girls" (aus Chuck Israels Liner Notes für Transition TRLP-30 "Jazz in Transition", einer Compilation, die den einzigen damals veröffentlichten Track der Coltrane/Fuller Session enthielt, "Trane's Strain") [QUOTE=gypsy tail wind;2169395]Und jetzt leicht ausserhalb der Chronologie noch die erste Columbia Session des Miles Davis Quintets - auf "Two Bass Hit" klingt Coltrane ganz toll! Ich glaub ich muss das, was ich oben in Sachen Rohdiamant etc. gesagt habe zurücknehmen! Dann hab ich gestern auch noch das Konzert vom 1956-02-18 in Pasadena gehört, das als ganzes auf der zweiten CD der Deluxe-Edition von "Round About Midnight" enthalten ist. Da find ich die Setlist bemerkenswert, gerade im Zusammenhang mit dem [url href="http://www.plosin.com/milesAhead/Sessions.aspx?s=551117"]Auftritt bei Steve Allen (1955-11-17, denn Jazzdisco halte ich für wenig vertrauenswürdig): bei beiden wird Pettifords "Max Is Makin' Wax" gespielt, und auch "It Never Entered My Mind" - Allen (der ziemlich ausschweifend bullshittet: "Uh, as I was saying earlier, and Miles a lot of folks who probably like Guy Lombardo, as a great many of us do for that matter, might have been puzzled by what you just played. What was the name of it? Davis: "Max is Makin' Wax." Allen: "Max is Makin' Wax"... That doesn't clear up a great deal, but at least now you know what you didn't know about.") findet das erste Stück wohl nicht ganz nach seinem Geschmack und daher folgt dann auch (wohl alles längst abgesprochen) "It Never Entered My Mind". In Pasadena bei [url href="http://www.plosin.com/milesAhead/Sessions.aspx?s=560218"]Gene Norman folgen darauf noch "Woody'n You" und "Salt Peanuts", zwei Bop-Klassiker. Miles scheint also schon damals in Live-Settings eher konservativ entschieden zu haben hinsichtlich Setlist (das zieht sich durch bis zum "second quintet", ja sogar streckenweise noch ins "lost quintet", auch da spielten sie regelmässig Stücke wie "I Fall In Love Too Easily", auch wenn dort der Wechsel stattfand zu mehrheitlich eigener Musik auch in Konzerten). Und momentan läuft grad wieder die Elmo Hope Session - Byrd klingt gut und der Kontrast zwischen Mobley und Coltrane lässt schon sehr klar Coltrane's mittlerweile äusserst robusten Sound erkennen. Mobley klingt daneben streckenweise fast wie ein Pres-Schüler (Quinichette? Zwischendurch hat er fast dessen seltsame grebrechliche Sonorität). Spannend! Auch auf "Polkadots and Moonbeams" spielt Coltrane ganz hübsch - bei Miles musste er ja auf vielen Balladen aussetzen. Und ein gutes Wort für Philly Joe Jones, der damals auch noch ganz am Anfang seiner Karriere stand - grosse Klasse, der Mann!

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    #7658293  | PERMALINK

    redbeansandrice

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    nun gut – dass Bostic ein technisch sehr versierter Saxophonist ist, das hör ich jetzt mal in der Tat auch… das Hope Album find ich auch eine der besten Sessions von Byrd… hab es nicht mehr so im Ohr – aber ist das nicht das Album, an dem manche Leute den Warne Marsh Einfluss von Mobley festmachen…

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    #7658295  | PERMALINK

    gypsy-tail-wind
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    redbeansandricenun gut – dass Bostic ein technisch sehr versierter Saxophonist ist, das hör ich jetzt mal in der Tat auch… das Hope Album find ich auch eine der besten Sessions von Byrd… hab es nicht mehr so im Ohr – aber ist das nicht das Album, an dem manche Leute den Warne Marsh Einfluss von Mobley festmachen…

    Ja, diese Bostic-Erklärung macht Sinn… jedenfalls mehr als jeder Versuch, ihn wirklich als Einfluss auf Coltrane zu hören. Aber ich denke man sollte diese „informal education“ keinesfalls unterschätzen – auch wenn’s nur technische Kniffs und Tricks waren, das gehört dann später alles zum Stil von Coltrane – auch Hodges‘ melodische Begabung kann man ja durchaus auch als eine Art Einfluss sehen, wenn man denn will.

    Hope ist hübsch, aber von Hope selbst hört man irgendwie wenig – ein paar gute Soli, aber insgesamt könnte da auch ein anderer am Piano sitzen (Garland v.a., oder Flanagan… Waldron hätte die Atmosphäre wohl stärker geprägt als die beiden oder als Hope es tut). Also schon eher ein Jam-Album für mich, allerdings eins, das irgendwie einen verbindlichen Rahmen hinkriegt, in dem alle drei Bläser gut klingen (und das wiederum kann durchaus Hopes Verdienst gewesen sein, das weiss ich nicht).
    Das mit Marsh hab ich noch nie gehört, wo hast du das gelesen/gehört?

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    #7658297  | PERMALINK

    redbeansandrice

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    gypsy tail windJa, diese Bostic-Erklärung macht Sinn… jedenfalls mehr als jeder Versuch, ihn wirklich als Einfluss auf Coltrane zu hören. Aber ich denke man sollte diese „informal education“ keinesfalls unterschätzen – auch wenn’s nur technische Kniffs und Tricks waren, das gehört dann später alles zum Stil von Coltrane – auch Hodges‘ melodische Begabung kann man ja durchaus auch als eine Art Einfluss sehen, wenn man denn will.

    Hope ist hübsch, aber von Hope selbst hört man irgendwie wenig – ein paar gute Soli, aber insgesamt könnte da auch ein anderer am Piano sitzen (Garland v.a., oder Flanagan… Waldron hätte die Atmosphäre wohl stärker geprägt als die beiden oder als Hope es tut). Also schon eher ein Jam-Album für mich, allerdings eins, das irgendwie einen verbindlichen Rahmen hinkriegt, in dem alle drei Bläser gut klingen (und das wiederum kann durchaus Hopes Verdienst gewesen sein, das weiss ich nicht).
    Das mit Marsh hab ich noch nie gehört, wo hast du das gelesen/gehört?

    ich bild mir ein, dass das eine zentrale Theorie von Aric/chewy auf organissimo ist – der ja nich nur Mobley sondern auch Marsh Fanatiker ist… nun hat der auch keine Probleme, da noch Phil Collins und Sun Ra mitreinzunehmen – aber ich mag die Idee – auch wenn die Vorstellung, dass Mobley echt Marsh gehört hat schon ein bißchen absurd ist… in Chadbourne’s Review von Informal Jazz ist auch ein Marsh/Mobley Vergleich – Chadbourne sagt übrigens, wegen ihm sollte das Album nur aus den Heads, Klaviersoli und Fours bestehen… „Elmo Hope mans the piano bench at the helm of this dream team, and while the liner notes call him the „nominal leader“ for the blowing date, he earns actual leader status by accomplishing two things. First, his solo spots are the best part of the record, […]“

    zeitgenössischer Review von Charles Fox The only convincing soloist on this session is pianist Elmo Hope…; muss das Album mal raussuchen…

    und im Lichte der Coltrane Diskussion ganz interessant, anderes Album: “Hank Mobley, a hard-toned, vigorous tenor soloist in the Sonny Stitt style…“ also genau das, was sie auch über Coltrane geschrieben haben, zu der Zeit…

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    #7658299  | PERMALINK

    gypsy-tail-wind
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    redbeansandriceich bild mir ein, dass das eine zentrale Theorie von Aric/chewy auf organissimo ist – der ja nich nur Mobley sondern auch Marsh Fanatiker ist… nun hat der auch keine Probleme, da noch Phil Collins und Sun Ra mitreinzunehmen – aber ich mag die Idee – auch wenn die Vorstellung, dass Mobley echt Marsh gehört hat schon ein bißchen absurd ist… in Chadbourne’s Review von Informal Jazz ist auch ein Marsh/Mobley Vergleich – Chadbourne sagt übrigens, wegen ihm sollte das Album nur aus den Heads, Klaviersoli und Fours bestehen… „Elmo Hope mans the piano bench at the helm of this dream team, and while the liner notes call him the „nominal leader“ for the blowing date, he earns actual leader status by accomplishing two things. First, his solo spots are the best part of the record, […]“

    Ja, seine Soli mögen die besten sein, aber ich bleibe dabei: er prägt das Album kein bisschen. Ist überhaupt nicht „sein“ Album, sondern ich höre das ziemlich eindeutig als eine Blowing Session. Ich hab zwar grad gelesen, was Chadbourne dazu sagt, und er mag recht haben, was das Niveau der Kompositionen betrifft, aber die „personality“ hör ich hier eben leider nicht, oder nur sehr sehr schwach durch. Da greif ich lieber zu anderen Alben von Hope! Hier Chadbourne:

    Second, Hope provides original material that helps give the record its personality. It is typical to pass off the tunes at sessions such as this as just simple contrivances to launch soloists, but again it is a stretch to imagine an „informal“ recording session where even material as complicated as this is played. Both of the standards have arrangements that would leave jazz students, and some of their teachers, tying their shoes on the bridge. Hope’s „Weeja“ has a simple fanfare of a theme, sure, but it is arranged within a nifty series of short blowing spots. This is where the merry listener gets the treat of hearing Donald Byrd, Hank Mobley, and John Coltrane introduce themselves instrumentally, the latter tenor giant making a great ride of the bridge. Everything is tight, together, and without a hitch. Squeaking mouthpieces from Mobley and Coltrane are the only casual aspects.

    redbeansandricezeitgenössischer Review von Charles Fox The only convincing soloist on this session is pianist Elmo Hope…; muss das Album mal raussuchen…

    Hart hart… auch was er über Donald Byrd schreibt – ist eigentlich schon alles da, was man so gerne über ihn schrieb: „Donald Byrd must be the most over-recorded of all the younger musicians. Certainly I, for one, am growing very tired of hearing his glib, far-too-busy trumpet style. The trouble is that most of his solos are pointless, lacking both dynamics and any shape or pattern. A solitary exception on this record is his work in Polka Dots And Moonbeams, where his natural lyrical feeling is used to decorate a standard melody. But on originals, or even a 12-bar blues, he seems to lack genuine inventive powers.“
    Da würd ich schon widersprechen, grad das erste Solo find ich ganz ok, ist ja auch das erste der Session überhaupt (ich höre das aus der Box, weiss nicht, ob die Stücke dort anders angeordnet sind). Das ist „sketchy“, eine Reihung von Phrasen, die nicht immer zusammenpassen und manchmal geht der Fluss verloren, aber das ist doch ein junger Trompeter in den Fussstapfen von Navarro und Clifford Brown, der seine Sache ganz gut macht.

    redbeansandriceund im Lichte der Coltrane Diskussion ganz interessant, anderes Album: “Hank Mobley, a hard-toned, vigorous tenor soloist in the Sonny Stitt style…“ also genau das, was sie auch über Coltrane geschrieben haben, zu der Zeit…

    Das macht wohl so halbwegs Sinn, aber wenn man die beiden unmittelbar nacheinander spielen hört wie hier oder auf „Tenor Conclave“ mit Sims/Cohn oder noch mehr auf „A Blowin‘ Session“, dann ist der Kontrast schon sehr sehr deutlich! Und für mich gehen da – trotz aller Liebe für Mobley – die Punkte sehr klar an Coltrane. Mobley kann nicht richtig aufblühen in so einem Setting, da kommt sein lyrisches Spiel nicht wirklich durch (und grad das gefällt mir sonst an seinen 50er Aufnahmen so und sie über die 60er Klassiker irgendwie erhebt… na ja, „Soul Station“ bleibt mein Lieblingsalbum von ihm, aber insgesamt eher 50er als 60er, und „Soul Station“ ist ja irgendwie die „Schwelle“ dazwischen, könnte man sagen).

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    #7658301  | PERMALINK

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    Meine gestrigen Ankündigungen habe ich heute in die Tat umgesetzt und „Plays the Blues“ gleich zweimal, mit Unterbrechung dazwischen gehört.
    Der erste Durchgang war weniger euphorisch, aber auch weniger mikroskopisch. Es drängte sich der Verdacht auf, dass das ganze Ensemble ein wenig uninspiriert vor sich hin spielt. Auch wird der Atem der Produktion nicht gerade von frischer Bergluft genährt. Es klingt eher kompakt, unaufdringlich und vom typischen (?) Ertegun-Stilverständnis in entsprechende Bahnen gelenkt.
    Dies sage ich, wohlgemerkt mit höchstem Respekt, den beiden einmaligen Brüdern gegenüber!
    Nur warf es in mir die Frage auf, ob unser Conciousness-Explorer da tatsächlich an der richtigen Adresse in Lohn und Arbeit stand. Alles was man hört, ereignet sich auf höchster Ebene, jedoch höre ich auffällige Unterschiede sowohl zu früher als auch zu später.
    Da wären, einerseits, auf den Prestige Aufnahmen, diese, manchmal schon überbordende, Spielfreude und beseelte Melodieseligkeit. – Und diese Aufnahmen atmen wirklich; versprühen eine Dreidimensionalität und platzieren den Zuhörer direkt in ihrer Mitte. Um die Attribute des (religiösen) Klangforschers erweitert, klingen seine Platten bei Impulse gar nicht unähnlich, was die Produktion betrifft. Dass man hier zusätzlich auch Zeuge sämtlicher anderer Nebenerscheinungen, individueller und zeitspezifischer Vorgänge, werden kann halte ich für einen Zugewinn, den man in dem Ausmass, einer Company vielleicht gar nicht so deutlich zusprechen würde. Doch ich denke, hier ergab sich eine gewisse Einheit, eine Geschlossenheit zwischen Künstler und den ultimativen Gegebenheiten (zumindest auf kreativer Ebene, die wirtschaftlichen Fakten sind mir nicht bekannt).
    Das gleiche empfinde ich auch bei den mir bekannten Aufnahmen von z.B. Mingus oder Gil Evans. Noch frappierender ist es vermutlich beim Werk Alice Coltrane´s (wobei mir hier keine älteren Aufnahmen bekannt sind) , die vielleicht nicht das Standing als Solistin hatte, aber ein schillerndes, akustisches Gesamtbild erschuf, welches sich zumindest meines Respektes sicher sein kann.
    Ich finde, Impulse war deutlich mehr als ein Label. Ich sehe es als Katalysator und regelrechte musikalische Lebenshaltung. Die einzelnen Werke mag jeder für sich selbst beurteilen, aber kann ein eine Firma cooler sein als diese, im wahrsten Sinne des Wortes?!

    Ok, zweiter Durchgang „Coltrane plays the Blues“.
    Diese Musik taugt auch als sehr gepflegte Unterhaltungsmusik. In einem stilvollen Club aufgelegt, ist es eine Facette von Trane, die zwar schon dezent weitergräbt, aber, auch kontextgebunden, dem Zuhörer nicht das Genick bricht. Und auch nicht mit Gewalt diesen Sog erzeugt, der die spätere Legende begründete. Ich bin mir sicher, dass Nesuhi Ertegun, auf sehr charmante Art und Weise, die Wogen geglättet hat und den Giganten einfach mal eine ganz lockere Session abgequatscht hat. Schlechte Absichten verbargen sich sicherlich keine dahinter, wie immer es auch tatsächlich abgelaufen ist.
    Coltrane scheint mir minimalst mürrisch aufzuspielen. Nicht grob, eher suchend. Die Melodien gehen ihm scheinbar langsam auf den Keks, aber er übt sich in professioneller Beherrschung. Daran „krankt“ das ganze für mich leider auch dezent. Die Improvisationen stochern im Ungewissen, fördern aber eher schemenhaft zutage. Wenn er mal melodisch agiert, klingt es leicht unentschlossen und seine Experimente läßt der Rahmen auch nur sehr bedingt zu. McCoy Tyner glänzt dann an manchen Stellen doch noch unerwartet, da er sich vermutlich noch am ehesten fallenlassen konnte, in diesen Themen. Bass und Schlagzeug empfinde ich als hochgradig unauffälig, extrem repertoire-dienlich aber auch auf Weltniveau. Von daher ist das hier kein Beinbruch.
    Mir drängt sich folgender Gedanke auf: Coltrane war eigentlich 1959 schon bereit für den nächsten Schritt (den „gigantischen“ hat er ja dann auch gleich mal gewagt ;-) ) und hätte ihn da auch eigentlich schon ganz vollziehen können. Der Erfolg von „Kind of Blue“ jedoch, hat ihn meiner Meinung nach „zurückgeworfen“ und ihn erst noch einmal für eine gewisse Zeit an die Melodie gebunden. Es ist ein pikanter „Zufall“, dass sich die Recordings zu „Giant Steps“ und „Kind of Blue“ quasi überschnitten haben. Aber ich würde Stein auf Bein schwören, das JC schon im anderen Zug saß und wieder da raus „musste“.
    Hat Ertegun davon geträumt aus „Plays the Blues“ ein zweites „Kind of Blue“ zu machen? Er war ein sehr fähiger Geschäftsmann und man könnte es ihm nicht mal verdenken. Aber das, denke ich, ging dann (in Relation gesetzt, natürlich), gründlich in die Hose.
    „Plays the Blues“ ist garantiert ein großes Werk, aber fällt dann im Gesamtbild doch minimal ab, auch aus erwägbaren Gründen. Man muss sich auch nur einmal die gnadenlos übertriebenen alten Linernotes von Joe Goldberg zu Gemüte führen. Mit Schmunzeln nimmt man nachträglich zur Kenntnis, dass es sich hier um ein Werk handelt, welches „Kind of Blue“ scheinbar überragt…
    Ich freue mich schon auf weitere Diskussionen zu dem Thema! :-)

    Einen Zusatz noch: Auf der CD Ausgabe befindet sich ein Bonustrack, der damals als unpassend verworfen wurde. „Untitled Original“ heißt dieses Stück. Und siehe da: Man lässt die Hunde von der Kette und Alles einfach Alles ist in sekundenschnelle da! genauso wie man´s liebt…

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    #7658303  | PERMALINK

    redbeansandrice

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    werd mir das Album auch demnächst nochmal anhören, aber so in aller erster Näherung hatte ich damals den Eindruck, die seichten Stücke aus diesen Sessions sind auf My Favorite Things gelandet, die interessanten auf Coltrane’s Sound und die monotonen auf Play the Blues… (ich bevorzuge übrigens Coltrane’s Sound :lol: alles in Relation natürlich, weder ist MFT wirklich seicht noch PTB einfach nur monton…)

    hier gibts ein frühes Alice Coltrane Solo zu hören – vermutlich nicht übermäßig aussagekräftig…

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    #7658305  | PERMALINK

    redbeansandrice

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    gypsy tail wind
    Das macht wohl so halbwegs Sinn, aber wenn man die beiden unmittelbar nacheinander spielen hört wie hier oder auf „Tenor Conclave“ mit Sims/Cohn oder noch mehr auf „A Blowin‘ Session“, dann ist der Kontrast schon sehr sehr deutlich! Und für mich gehen da – trotz aller Liebe für Mobley – die Punkte sehr klar an Coltrane. Mobley kann nicht richtig aufblühen in so einem Setting, da kommt sein lyrisches Spiel nicht wirklich durch (und grad das gefällt mir sonst an seinen 50er Aufnahmen so und sie über die 60er Klassiker irgendwie erhebt… na ja, „Soul Station“ bleibt mein Lieblingsalbum von ihm, aber insgesamt eher 50er als 60er, und „Soul Station“ ist ja irgendwie die „Schwelle“ dazwischen, könnte man sagen).

    für mich ist das irgendwie der eine Punkt, an dem man wirklich die Grenzen von zeitgenössischen Einschätzungen sieht – dieser Gedanke, dass Rollins und Coltrane (und offenbar auch Mobley – was ich wirklich absurd finde) quasi ununterscheidbar ähnlich klingen, der dürfte heute eigentlich jedem der gelegentlich Jazz hört ziemlich fremd sein (find jetzt grad keinen anderen Beleg als den hier); kann mir das nur so erklären, dass es drei Kategorien gab, „Getz/Young“, „Hawkins/Webster“ und „anders“… und man sich irgendwie dachte, dass sich die Musiker in der dritten Schublade genauso ähneln wie die in den ersten beiden… in dem zitierten Billboard Review ist ja auch schon im wesentlichen „Lehrbucheinordnung“ von Rollins Stil (gleiche Teil Parker und Hawkins, die Antithese zu Young, dem vorherrschenden Stil der Zeit, was man wohl nicht vergessen darf)… was ein bißchen übersieht, dass Parker nun nicht grad die Antithese zu Young ist, und dass Young ganz anders ist als Getz (der ja auf eine Art viel eher Vater dieser Schule ist, im Sinne von, Abziehbild für die anderen – und viel eher die Antithese zu Getz); aber Coltrane ist nun wirklich nochmal anders… wenn ich die frühen Rezensionen so lese, krieg ich ein bißchen den Eindruck, die Leute dachten, er versucht so zu spielen wie Rollins, aber es gelingt ihm nicht; dass sie ihn quasi aufs gutem Willen der Rollins Schule zuschlagen…

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    #7658307  | PERMALINK

    gypsy-tail-wind
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    Zur den Oktober 1960 Sessions: bis ich dahin komme dauert’s noch eine Weile, aber nur mal zur Illustration:

    John Coltrane Quartet
    John Coltrane (ss, ts) McCoy Tyner (p) Steve Davis (b) Elvin Jones (d)
    NYC, October 21, 1960

    5118 Village Blues Atlantic LP 1354
    – Village Blues (alt. take) Rhino R2 71984
    5119 Equinox Atlantic rejected
    5120 My Favorite Things Atlantic LP 1361, SD 1528, SD 1541, SD 2-313
    5121 The Night Has A Thousand Eyes Atlantic rejected
    5400 My Favorite Things, Pt. 1 Atlantic 5012
    5401 My Favorite Things, Pt. 2 –

    * John Coltrane – Coltrane Jazz (Atlantic LP 1354, SD 1354)
    * John Coltrane – My Favorite Things (Atlantic LP 1361, SD 1361)
    * Various Artists – Jazz Super Hits (Atlantic SD 1528)
    * The Best Of John Coltrane (Atlantic SD 1541)
    * The Art Of John Coltrane (Atlantic SD 2-313)
    * John Coltrane – The Heavyweight Champion (Rhino R2 71984)
    * John Coltrane – My Favorite Things, Pt. 1&2 (Atlantic 5012)

    John Coltrane Quartet
    same personnel
    NYC, afternoon, October 24, 1960

    5126 Central Park West Atlantic LP 1419, SD 1541, SD 2-313
    5127 Mr. Syms Atlantic LP 1382
    5128 Untitled Original (Exotica) Atlantic SD 1553
    5129 Summertime Atlantic LP 1361
    5130-1 Body And Soul (alt. take) Atlantic (J) P 6128A
    5130-2 Body And Soul Atlantic LP 1419, SD 2-313

    * John Coltrane – Coltrane’s Sound (Atlantic LP 1419, SD 1419)
    * The Best Of John Coltrane (Atlantic SD 1541)
    * The Art Of John Coltrane (Atlantic SD 2-313)
    * John Coltrane – Coltrane Plays The Blues (Atlantic LP 1382, SD 1382)
    * John Coltrane – The Coltrane Legacy (Atlantic SD 1553)
    * John Coltrane – My Favorite Things (Atlantic LP 1361, SD 1361)
    * John Coltrane – Alternate Takes (Atlantic (J) P 6128A, SD 1668)

    John Coltrane Quartet
    same personnel
    NYC, evening, October 24, 1960

    5133 Mr. Knight Atlantic LP 1382, SD 2-313
    5134-1 Blues To Elvin (take 1) Rhino R2 71984
    5134-2 Blues To Elvin (take 2) –
    5134-3 Blues To Elvin (take 3) –
    5134-4 Blues To Elvin (take 4) Atlantic LP 1382
    5135 Mr. Day –
    5136-1 Blues To You (take 1) Rhino R2 71984
    5136-2 Blues To You (take 2) –
    5136-3 Blues To You (take 3) Atlantic LP 1382
    5137 Blues To Bechet Atlantic LP 1382, SD 2-313
    5138 Satellite Atlantic LP 1419

    * John Coltrane – Coltrane Plays The Blues (Atlantic LP 1382, SD 1382)
    * The Art Of John Coltrane (Atlantic SD 2-313)
    * John Coltrane – Coltrane’s Sound (Atlantic LP 1419, SD 1419)
    * John Coltrane – The Heavyweight Champion (Rhino R2 71984)

    John Coltrane Quartet
    same personnel
    NYC, October 26, 1960

    5139 Everytime We Say Goodbye Atlantic LP 1361
    5140 26-2 Atlantic SD 1553
    5141 But Not For Me Atlantic LP 1361
    5142 Liberia Atlantic LP 1419
    5143 The Night Has A Thousand Eyes –
    5144 Equinox Atlantic LP 1419, SD 1559

    * John Coltrane – My Favorite Things (Atlantic LP 1361, SD 1361)
    * John Coltrane – The Coltrane Legacy (Atlantic SD 1553)
    * John Coltrane – Coltrane’s Sound (Atlantic LP 1419, SD 1419)
    * Various Artists – Jazz Super Hits, Vol. 2 (Atlantic SD 1559)

    Da sieht man, dass es sich bei diesen Sessions eher um ein paar Tage im Studio handelt, wie es Miles z.B. für die Cookin‘, Workin‘, Steamin‘ & Relaxin‘ Alben gemacht hat… einfach mal alles spielen, was man im Repertoire hatte, ein paar neue Stücke ausfeilen (scheint bei den Blues Nummern eher der Fall gewesen zu sein, insofern ist vielleicht die These, dass Ertegun da eingriff/konzipierte nicht ganz von der Hand zu weisen).
    Aber wie gesagt: ich kann diese Sachen irgendwie gar nicht als Alben hören, ich hör das chronologisch aus der Box und wenn man das tut ist das unglaublich eindrücklich (trotz dem absolut unbemerkenswerten Bassisten). Jones findet langsam seinen Stil, Tyner klingt lyrisch und offen und ist noch weit vom bombastischen Spiel späterer Jahre entfernt… aber ja, die Qualität der Aufnahmen ist leider nicht so toll wie diejenigen aus Van Gelders Küche.

    Enthalten die erhältlichen CDs (nehme an v.a. „Atlantic Masters“ in diesen Digipacks mit roter Rückseite?) eigentlich Bonus Tracks, oder in der Regel nicht? (Die Atlantic „Original Sound“ enthielten ja üblicherweise keine, die Masters sind ein Durcheinander… davor gab’s ja auch noch die „alten“ CDs in Jewel Cases, und von einigen Alben gab’s wohl auch noch diese 50th Anniversary Edel-Digipacks, zumindest von Plays the Blues, die Bonus Tracks enthielten).

    Zu redbeans‘ letztm Post (#235, falls jemand dazwischenpostet): das ist schon sehr bemerkenswert, ja! Und dass man bei Parker den sehr grossen Young-Einfluss nicht hören wollte ist auch komisch. Und bei Rollins ist der ja irgendwie schon auch da!
    Aber Rollins war wohl die Schulade für „anders“, der beste und bekannteste um 1956/57, unter den jungen, nehme ich an.
    Was mich allerdings wundernehmen würde: wo sind denn Leute wie Dexter Gordon (der war im Knast und wohl daher irrelevant) oder James Moody hingefallen? Und Stitt hat man damals wohl noch v.a. als Altsaxer (und daher ab in die Parker-Kiste) gesehen?

    --

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    gypsy-tail-wind
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    Hab die Miles Quintet Prestige Sessions in voller Pracht durchgehört… das war schon eine unglaubliche Band!

    Jetzt folgen „Tenor Madness“ mit Rollins und der Miles Rhythmusgruppe, auch das super! Jetzt läuft „Tenor Conclave“, danach folgen „Whims of Chambers“ und „Round About Midnight“, die Krönung des Miles Quintets mit Coltrane, Garland, Chambers und Jones.

    Zu „Tenor Conclave“ möchte ich ein kurzes Zitat aus den „Notes On the Music“ von Lewis Porter (im Interplay 5CD-Set) wiedergeben, die einen Punkt besser formulieren, als ich es könnte, den ich schon anzusprechen versucht habe, ohne ihn auf den Punkt bringen zu können – zu „Just You, Just Me“ schreibt er:

    Coltrane makes a strong entrance at 2:43; but his phrases in 1955 and ’56 were sometimes halting, and that is evident here in the frequent stops and starts.

    Das ist etwas, was ich meinte, wenn ich vom Rohdiamanten aber auch von den Fingern, die dem Kopf noch nicht ganz folgen könnten, schrieb. Letzeres stimmt ja eh nicht, weil man hie und da auch rein vom technischen schon in diesen 1956er Sessions unglaubliches zu hören bekommt!
    Und noch was von Porter zu „Just You…“:

    During the trading at 6:40 he [Coltrane] plays the run that he later used to end „Giant Steps.“ It’s a popular quotation among beboppers since the late 1940s (Bud Powell and Dizzy Gillespie used it, among others) and it sounds classical to me, but I can’t trace its source.

    Und übrigens: Mobley klingt hier für mich ähnlich schwach wie auf „Informal Jazz“. Und irgendwie auch wenn ich „Mobley“ raushören kann, klingt er schlecht schwach, nicht lyrisch-zurückhaltend schwach… Sims und Cohn klingen viel robuster, was ja dem drei Schubladen Modell auch entschieden zuwiderläuft!

    Und weiter mit Ira Gitlers Liner Notes von „Tenor Conclave“, über die Schubladen:

    Last year a writer on jazz posed a question to me. It was, „How do you dig both Sonny Rollins and Zoot Sims?,“ and I answered, „Because I dig both Bird and Pres.“
    Herein lies the key to one of the internal differences in the wide area of the mainstream of modern jazz as we hear it played today. On the one hand we have musicians who have followed in the footsteps of the founding fathers of bop — Charlie Parker, Dizzy Gillespie, and Thelonious Monk. On the other side there are the musicians who are playing in a style which combines the synthesized influences of bop, certain modern arrangers like Gerry Mulligan and Gil Evans, the Tristano school, and the Lester Young-Count Basie tradition. The last-named element is a strong determinant in the sound and spirit of much of their playing.

    Gitler vergleicht dann Sims/Cohn mit Bill Perkins/Richie Kamuca als Beispiel für „inner differences in a similar area“ – erstere seien direkt von Basie/Pres beeinflusst, während dieser Einfluss bei lezteren unkenntlich gemacht würde, da sie über die Brothers („Sims, Cohn, Getz“) auf diese Inspirationsquelle zugriffen.
    Gegen all die setzt er dann die andere Gruppe, findet aber immerhin: „Yet, the all-too convenient labeling of the latter group as ‚hard bop‘ is a case of overapplication.“

    The Sonnys, Stitt and Rollins, are two of the leading influences and yet are different in attack and sound. Both stem from Bird but both have Pres in their background. Stitt, who brought his Bird-like alto conception to the tenor, lets the Pres influence show occasionally on the larger horn. Rollins, who left his alto conception (Louis Jordan at that time) completely behind when he switched to tenor, has been persuaded by both the alto and tenor of Bird and has also been touched by Young and Comena Hawkins. You can hear the Young in his tenor duet with John Coltrane in „Tenor Madness“ (Prestige LP 7047)
    The „hard“ bopper (soundwise) are Stitt, Frank Foster, and Billy Mitchell. Coltrane fits in here to an extent because he is partly out of the Stittian mold and his tone has a cutting edge. He also uses hollowed-out sustained notes and scoops reminiscent of the way Dexter Gordon played in the mid-Forties and this was a Pres portion of the dual Gordon makeup rather than a Bird side. Trane literally screams his ideas at times.
    Hank Mobley is not a „hard“ bopper. His long lines are sineway and sinuously sculpted but his sound has been and is evolving toward a personal mellowness with rounder edges. Hank descends directly from Bird (notice how he sometimes favors double-time runs) and if you know Bird’s tenor playing, you remember it was not „hard.“ The Savoy session with Miles Davis („Milestones,“ „Sipping at Bell’s,“ „Little Willie Leaps,“ „Half Nelson“) is the best example. Stylistically, Sims and Cohn are Brothers, Mobley and Coltrane cousins. Their ability to blow as a homogenous foursome shows the Brothers and cousins to be second cousins.

    Das ist natürlich alles ein wenig zu hübsch formuliert, aber scheint doch der allzu simplen Schubladen-Theorie entgegenzustehen, weil v.a. Coltrane und Mobley recht differenziert verortet werden (Gordon wird auch noch genannt!) und auch bei den Brothers einige Mühe angewendet wird, die nicht alle in denselben Topf zu werfen.
    Die Reihenfolge im Box-Set ist chronologisch, auf dem ersten Stück der Session („Just You, Just Me“) haben Taylor/Chambers erhebliche Mühe, zusammenzufinden, und im zweiten, „Tenor Conclave“, zu Beginn auch noch. Das Tempo schwankt v.a. im ersten Stück, zuerst werden sie langsamer, dann zieht das Tempo wieder an, insgesamt wirkt das nur so halbwegs gelungen… dann folgt die Ballade, wo Mobley endlich glänzt – und wie! Er darf am Schluss, und er wird nicht eingequetscht zwischen andere sondern spielt bis zum Ende allein, inklusive wunderbare Solo-Kadenz!
    Die Session endet dann mit „Bob’s Boys“, einem Mobley-Stück und auch hier schwankt das Tempo wieder: bei Beginn des Bass-Solos wird’s kurz schneller, dann gleich wieder langsamer, am Ende ist es aber erheblich schneller als zu Beginn (Art Taylor eben :lol: ) – Coltrane hat das erste Solo und hier fliesst alles sehr schön bei ihm! Später zitiert er übrigens noch die „Humoreseque“ von Dvorak (Porter: „… a favorite of Art Tatum, whom Coltrane admired“ – das wusste ich gar nicht!)

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    gypsy-tail-wind
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    „Whims of Chambers“ – was für ein Klasse-Album!
    Kann mich noch gut erinnern, habe es (sowie „Up at Minton’s“ von Stanley Turrentine, den Rest hab ich vergessen) Ende 90er als wir im „Arbeitslager“ (jawoll, so wurde das damals wirklich genannt!) in Griechenland waren, in Athen gekauft, in einem tollen Laden irgendwo im wunderbar stinkigen und stickigen Zentrum der Stadt (die wurde wohl mittlerweile übel aufgeräumt und gepützelt – aber vielleicht wird das jetzt wieder ändern, wenn auch aus unschönem Anlass!)

    Egal, back in line! Chambers mit Philly Joe, der einen riesigen Unterschied zu Taylor macht, schon am Anfang von „Omicron“, dazu Byrd und Coltrane, sowie Silver und Burrell – für einen 1956 gerade mal 21 Jahre jungen Bassisten eine ziemlich Traumband! Und die Resultate stimmen – gute Kompositionen, gute Soli, viel Abwechslung durch die Instrumentierung und Soli-Organisation etc… und das ganze wirkt wie üblich bei Blue Note viel besser einstudiert und solider durchgeführt – entsprechend klingt auch Coltrane sehr solid hier. Natürlich ist „Tenor Conclave“ kein fairer Vergleich, aber doch… „Whims of Chambers“ verkörpert sehr schön die Tugenden von Blue Note (die beiden späteren Chambers BNs, PC Quintet und Bass on Top, schätze ich übrigens auch sehr).
    Übrigens ist das seit der Session mit Dizzy (1951-03-01) das erste Wiedersehen von Coltrane und Burrell, zumindest auf Platte. Es folgten für Prestige noch „Interplay“, „The Cats“, sowie das Highlight „Kenny Burrell and John Coltrane“ (wo wiederum das Duo der beiden, „Why Was I Born?“, einer der Höhepunkte ist).

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    gypsy tail wind

    Enthalten die erhältlichen CDs (nehme an v.a. „Atlantic Masters“ in diesen Digipacks mit roter Rückseite?) eigentlich Bonus Tracks, oder in der Regel nicht? (Die Atlantic „Original Sound“ enthielten ja üblicherweise keine, die Masters sind ein Durcheinander… davor gab’s ja auch noch die „alten“ CDs in Jewel Cases, und von einigen Alben gab’s wohl auch noch diese 50th Anniversary Edel-Digipacks, zumindest von Plays the Blues, die Bonus Tracks enthielten).

    Deine Faszination dafür ist doch toll. Es war ja auch nicht der Versuch es niederzuschreiben. Ich wollte nur diese Gegenüberstellung ein wenig deutlicher machen, als man sie so allgemein, glaube ich, wahrnimmt. Das bleibt alles dennoch geheiligte Zone; das kann hier nicht Thema sein ;-)
    Jetzt muss ich aber selbst mal ganz genau kucken. Ja es ist die Ausgabe im Jewelcase. Es ist die alte „Atlantic Jazz“ – Serie, gänzlich ohne Jahresangabe.
    Was auf den anderen Ausgaben dazugegeben wurde kann ich auch nicht beantworten. Ich habe mal wegen einer anderen Atlantic Cd in besagtem Digipak Format geforscht. Es muss Roland Kirk gewesen sein. Keine Chance. Zuguterletzt habe ich sie auf gut Glück bestellt. Und die Kirk ist eine „Atlantic Masters“ mit der Datierung 1998 & 2002 und auch mit Bonustitel. Was wohl bedeutet: 1998 remastered worden und 2002 in optischer Überarbeitung wiederveröffentlicht…

    --

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    gypsy-tail-wind
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    Von diesen Deluxe-Digipacks hab ich nur Art Blakey’s Jazz Messengers & Thelonious Monk. Die Kirk Atlantics hab ich fast alle von 32 Jazz, Coltrane, Ornette und Mingus in den Box-Sets.
    Ist ein ziemliches Durcheinander, weil die verschiedene Serien gemacht haben, die sich teils sogar noch überschnitten, teils mit Bonus Tracks, teils nicht.

    Coltrane Plays the Blues
    US 1990er CD (6 Tracks)
    Rhino 1993er CD (7 Tracks, mit diesem „Untitled Original“)
    2004 CD (Digipack in der Atlantic Masters Serie, nehme ich an) (11 Tracks, wie oben + 4 alt. takes)
    2002 Deluxe Edition (10 Tracks, ohne Untitled Original, mit 4 alt. takes)

    My Favorite Things
    1990er CD (4 Tracks)
    1998er Digipack (Atlantic Masters) (+ Single Version von MFTh, 6 Tracks) (stimmt das Jahr?)
    1998er Deluxe Version (6 Tracks mit Single)

    Das sind wohl die drei Versionen von den „Klassikern“, von manchen gab’s zudem eine Atlantic Original Sound CD (das war eine Serie mit nur 50 Alben, glaub ich, ohne Bonus Tracks, zumindest die, die ich habe).

    Ein ziemliches Chaos… aber die Heavyweight Champion Box ist immer noch zu haben. Momentan ziemlich billig aus den USA (oder hier etwas teuer) aber auch bei amazon.de – hab da aber keineswegs systematisch gesucht.

    Und die Digipacks, um den Unterschied noch zu illustrieren… links die „Original Sound“ Reihe, rechts die „Masters“ Reihe:

    Ich glaub diese Digipacks sind alle europäisch (die ersten aus der Schweiz, die zweiten aus Deutschland), bin mir aber nicht sicher.
    Rhino hat jedenfalls auch noch die kleine Reihe mit den Piano-Tasten auf der Innenseite der Trays (Jewel Cases mit klaren Trays). Das sind üblicherweise die besten Reissues (mit Ausnahme ev. von den Deluxe Digipacks, aber die kenn ich wie gesagt bis auf eine nicht).
    Ist echt ein Chaos!

    --

    "Don't play what the public want. You play what you want and let the public pick up on what you doin' -- even if it take them fifteen, twenty years." (Thelonious Monk) | Meine Sendungen auf Radio StoneFM: gypsy goes jazz, #151: Neuheiten aus dem Archiv – 09.04., 22:00 | Slow Drive to South Africa, #8: tba | No Problem Saloon, #30: tba
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