Startseite › Foren › Kulturgut › Für Cineasten: die Filme-Diskussion › Berlinale 2016
-
AutorBeiträge
-
Witek DlugoszToll, toll, toll ist „Midnight Special“ von Jeff Nichols: Alton nach Hause telefonieren!
Hut ab davor, einen solchen Riesenschmarrn von einer Story, die aus dem Papierkorb von Stephen King gefischt sein könnte (als hanebüchene Vorstudie zu „Firestarter“ oder so), so gleißend und behutsam in Szene zu setzen. Auf das CGi-trächtige Finale, dessen Kitsch- und Quatsch-Gehalt gut mit De Palmas glorreichem „Mission to Mars“ oder dem Foster-Sci-Fi-Heuler „Contact“ mithalten kann, hatte ich heimlich irgendwie gehofft. Da ist aber der von Dir kritisierte Kleister-Score doch nur folgerichtig und willkommen. Wäre in der Generation-Sektion aber besser als im Wettbewerb aufgehoben gewesen. Die Bärenchancen würde ich bei ca. Zero ansiedeln. *** ist mir selbst der Film aber wert.
Nostalgisch stimmt mich aber, dass die 80er, in denen jemand wie Spielberg so was als rundum gelungenes Herz-Spektakel für Jung und Alt realisieren konnte, einfach unwiderbringlich vorbei sind.--
I like to move it, move it Ya like to (move it)Highlights von Rolling-Stone.deOh, du Hässliche! Die 25 schrecklichsten Weihnachtsalben-Cover
Legendäre Konzerte: The Concert For Bangladesh 1971
„Kevin allein zu Haus“: Ein Familienfilm ohne Familie
The Beatles: Wie die Aufnahmen zu „Let It Be“ zum Fiasko wurden
Taylor Swift: Alle 274 Songs im Ranking
Stephen King: Die besten Bücher – Plätze 10-01
Werbung99-prozentige Zustimmung. Denn bezüglich des Endes habe ich darauf gesetzt, dass Kirsten Dunst ihren schönen Zopf nach oben wirft und der Junge sich daran zum Himmel hochzieht.
Sonic Juice
Nostalgisch stimmt mich aber, dass die 80er, in denen jemand wie Spielberg so was als rundum gelungenes Herz-Spektakel für Jung und Alt realisieren konnte, einfach unwiderbringlich vorbei sind.Das stimmt wohl leider. Bei „Mud“ gelang es Nichols großartig, eine moderne Huckleberry-Finn-Geschichte zu erzählen, familiengerechte Sc-Fi-Spektakel sind wohl hingegen stärker zeitgebunden. „Tomorrowland“ fand ich in der Hinsicht den etwas gelungeneren Film.
--
A Kiss in the Dreamhouse„Liliom Ösvény“ („Lily Lane“) von Bence Fliegauf | Forum
Der Ungar Bence Fliegauf war zuletzt 2012 mit „Csak a szél“ in Berlin zu Gast, einem berührenden Film über den Mord an einer Roma-Familie, der den Großen Preis der Jury gewann. Sein neuester Film ist deutlich weniger klar strukturiert: „Liliom Ösvény“ erzählt im Grunde eine einfache Geschichte über das Scheitern einer Familie. Doch Fliegauf spielt meisterlich mit Erinnerungen, schneidet assoziativ zwischen den Zeiten hin und her – und lässt den Film dennoch verblüffend gleichmäßig fließen.
--
Heute (mit Napo) mein erster Film auf der Woche der Kritik:
Malgré la Nuit von Philippe Grandrieux
Als läge man zu lange träumend im warmen Badewasser, das sich nach und nach in ein Säurebad verwandelt. Bin ziemlich sprachlos und erschlagen nach diesem Trip. Ein Viertel der Zuschauer flüchtete nach und nach, der Rest dürfte sich ziemlich glücklich schätzen, sich einer solchen Bildgewalt hilflos ausgeliefert zu haben. Zum Glück bin ich kein Filmkritiker, sonst hätte ich eine schlaflose Nacht vor mir, in der ich krampfhaft um Worte ringen würde – wie mancher Diskutant im Nachhinein auf dem Podium. Grandrieux und seine Hauptdarstellerin haben einiges erhellendes beigetragen, insbesondere ist aber jeder Satz von ihm ein mitreißender, flammender Appell an die unbezähmbare Kraft des performativen Kinos.--
I like to move it, move it Ya like to (move it)Witek DlugoszAuch nicht gut: der deutsche Wettbewerbsfilm „24 Wochen“, eine Art Telekolleg Spätabtreibung.
Autsch. Genau das war zu ahnen und befürchten.
--
I like to move it, move it Ya like to (move it)Zwei Tageshighlights heute: Mia Hansen-Løves „L’avenir“ gehört zu der Sorte von ruhigen, milde humorvollen, klugen Filmen, die mir über alles gehen. Eine unspektakuläre Geschichte über bürgerliche Intellektuelle kann man so schön wohl nur im französischen Kino erzählen, ich wüßte nicht, wie die in Deutschland Platz haben sollte zwischen all den Sozialdramen und arschbombenden Komödien (und wer sollte dann die Rolle von Huppert übernehmen?). Bei jedem Film von Hansen-Løve denke ich immer, man sieht die Inszenierungskniffe von Assayas und es stört nicht. Mittlerweile ist daraus ein eigener Stil mit anderem Blickwinkel geworden.
Und bei der Woche der Kritik (mit Sonic): „Cosmos“ von the almighty Andrzej Żuławski. Alter Schwede! Gombrowiczs Vorlage ist ja schon far-out (und überdies einer der zehn besten Romane ever), aber Żuławski geht da noch mal mit nem Tempo drüber, gegen das „Fury Road“ links abgehängt wird. Da haben sich mal zwei gefunden, aber wer weiß, ob Gombrowicz das nicht eh toll gefunden hätte, dass seine Mädels 2016 in den „neuesten Star Wars“ gehen … man kann die Wortflut, die expressiven Gesten, die durch die Welt bretternde Kamera, die aufgehängten Sperlinge, Hühnchen, Katzen sicherlich anstrengend finden, aber der Spass dahinter lässt sich schwer übersehen. Schade nur, dass die FSK-25-Tauglichkeit des Buches eher auf Zwölfjährige-mit-elterlicher-Begleitung heruntergedimmt wurde.
--
A Kiss in the Dreamhouse„L’avenir“ mochte ich auch – und Żuławski verpasst zu haben, schmerzt mich ein bisschen. Mein Alternativprogramm war aber auch sehr gut: „A Quiet Passion“ von Terenvce Davies, trotz des in der Tendenz etwas nervigen Ich-kann-auch-anders-Spiels von Hauptdarstellerin Cynthia Nixon („Sex and the City“). Hätte sich extrem gut im Wettbewerb gemacht.
--
Witek DlugoszAuch nicht gut: der deutsche Wettbewerbsfilm „24 Wochen“, eine Art Telekolleg Spätabtreibung.
Sonic JuiceAutsch. Genau das war zu ahnen und befürchten.
Heute morgen im ZDF-Morgenmagazin wurde die Hauptdarstellerin, Julia Jentsch, sehr gelobt. Sie soll eine Kandidatin für die beste Schauspielerin sein.
Habe mich dieses Jahr überhaupt nicht um Tickets bemüht. Dank Freunden und Bekannten, die das tun, werde ich aber dennoch den einen oder anderen Film sehen. Z.B. diesen hier:
Sonic JuiceUncle Howard (Aaron Brookner) – bewegende familiäre Spurensuche in der New Yorker Drogen/Pop/Queer/Gegenkultur der 80er, verfolgt wird das Werk des schwulen Filmemachers Howard Brookner, der Dokus über William S Burroughs und Bob Wilson und einen Spielfilm mit Matt Dillon und Madonna drehte und früh an AIDS starb. Er arbeitete mit Jim Jarmusch, traf Andy Warhol, Spike Lee und dutzenden anderen Helden, es gibt Polaroids mit John Waters und New York war damals natürlich die coolste Stadt des Weltalls. Großartiger Film.
Ein faszinierender Blick durch ein Zeitfenster in die 80er Jahre in NYC, oder? Beim Sichten des alten Filmmaterials staunen die Filmemacher nicht schlecht, als sie sehen, wie abgeranzt die Bowery damals aussah: „Like another planet!“ Jetzt ist sie wohl sauber durchsaniert.
Der erster und letzte Spielfilm Howard Brookners (Bloodhounds Of Broadway) war dann übrigens ein Flop. Aber die Premiere hat er nicht mehr miterlebt.
Du hast es oben nur angedeutet: Aaron Brookner ist der Neffe Howard Brookners – der Titel sagt’s! -, hatte Zugang zu Großeltern, Eltern, Freunden etc. ff. und kommt hier und dort als kleiner Junge in dem historischen Filmmaterial sogar selbst vor und wurde durch seinen Onkel dazu inspiriert, selbst Filmemacher zu werden. Dadurch die familiäre Athmosphäre des Films.
--
„Etwas ist da, was jenseits der Bedeutung der Worte, ihrer Form und selbst des Stils der Ausführung liegt: etwas, was direkt der Körper des Sängers ist, und mit ein- und derselben Bewegung aus der Tiefe der Stimmhöhlen, der Muskeln, der Schleimhäute, der Knorpel einem zu Ohren kommt, als wenn ein und dieselbe Haut das innere Fleisch des Ausführenden und die Musik, die er singt, überspannen würde.“ (Roland Barthes: Die Rauheit der Stimme)
AnonymInaktivRegistriert seit: 01.01.1970
Beiträge: 0
kurganrsHeute morgen im ZDF-Morgenmagazin wurde die Hauptdarstellerin, Julia Jentsch, sehr gelobt.
Rumms!
hast du das auch gehört?
die Schublade ist zu--
Witek DlugoszHätte sich extrem gut im Wettbewerb gemacht.
Freut mich zu lesen. Auf Davies und Diaz setze ich dieses Jahr die größten Hoffnungen.
Bei der Pressekonferenz war die Regisseurin von „24 Wochen“ furchtbar nervig. Sie beantwortete die Fragen, die an andere Mitglieder des Teams gerichtet waren und redete sich dann in Ekstase darüber, wie viel recheriert worden sei: „Und dann muss das alles ins Drehbuch rein rein rein!“ Da wundert mich dann gar nichts mehr.
--
A Kiss in the DreamhouseJa, sie hat auf mich auch keinen sonderlich aufgeräumten Eindruck gemacht. In der Pressekonferenz musste ich auch in Fremdscham versinken, weil die KollegInnen so peinlich ihre eigene Ergriffenheit zur Schau stellten. Überhaupt wird da viel geschwafelt, man hört sich gern reden. Every fucking time: „Hello my name is Anne-Christine, I’m from Canada, I really loved your movie“ – dann kommt eine Begründung für die eigene Ergriffenheit und am Ende wird noch eine nichtsnutzige „Stimmt doch, oder!“-Frage gestellt.
--
Bei mir und Sonic gabs gestern zum Nachmittag in der Generation Plus (+++)
„Las Plantas“ (Roberto Doveris)
Coming Of Age in Chile. Zwischen der Bewältigung des Alltags, zu dem u.a. das Pflegen des im Wachkoma liegenden Bruders gehört, der Schule und dem Mädchensein (Comics, Tanzen…) entdeckt Florencia eher aus Langeweile ihre Lust an Sex-Chats. Dabei bleibt es aber nicht und sie lädt die Männer bald zu sich ein. Bekannte Geschichte, die nie alt wird aber hier besonders reizvoll aufgrund des Kontrastes zwischen dem kargen Alltag und den Tagträumen und Fantasien Florencias ist und weil es eine Form von selbstbestimmter weiblicher Sexualität zeigt, die so nicht allzu häufig zu sehen ist.
Sonic und ich waren jedenfalls sehr angetan.--
Flow like a harpoon daily and nightly -
Du musst angemeldet sein, um auf dieses Thema antworten zu können.