22 Pistepirkko – Lime Green Delorean

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  • #75479  | PERMALINK

    daniel_belsazar

    Registriert seit: 19.04.2006

    Beiträge: 1,253

    Einen bunten Strauß an Melodien, Stilanleihen und träumerisch-psychedelischen Einsprengslen hält die neue 22 Pistepirkko „Lime Green Delorean“ für den geneigten Hörer bereit. Insgesamt eine wunderbare Scheibe, derzeit bei mir auf Dauerrotation. Hat das Zeug zum Klassiker, die Qualität liegt meinem Empfinden nach auf dem Niveau von „Rumble City LaLa Land“. Hier eine kleine Beschreibung der CD-Version, deren Sonderedition sehr schön und gediegen aufgemacht ist, mit Texten und Bildern der Musiker. Ich nehme an, dass Mikko in nicht allzuferner Zukunft das zu seiner LP des Monats erklärt. Da sind nochmal zwei Bonus-Tracks drauf.

    Der Einstieg drömmelt etwas finnisch-vermystifiziert vor sich hin (ich will jetzt nicht schon wieder mit verschneiten Weiten anfangen), was nach ca. einer halben Minute durch eine wunderbare Melodie in einer glockenhellen Aufnahme von P-K’s Kopfstimme überlegt wird: „I remember the lights by the highway, you were holding your head, I was speeding …“. Es bleibt aber ein ruhiges Stück, mit wunderschönen Passagen und viel Sound-Gesäusel im Hintergund.

    Abgelöst wird der Opener durch ein ebenfalls eher verträumtes Stück, allerdings gänzlich anders gelagert, offenkundig aus Espes Werkstatt und mit seinem typischen tieferen Sprechgesang versehen. Eingeführt wird „Dream 1987“ mit einem verfremdeten Sample, der mich an bestimmte Sounds von der ersten Quantum Jump erinnert. Egal, jedenfalls wird mit diesem und anderen schwebenden Sounds eine unwirkliche Traumatmosphäre erzeugt … Und Espes Traum ist – natürlich, ist man versucht zu sagen – etwas kurios:
    „I saw a funny dream last night
    The Beatles were back and they were fat
    they came and played in my homewtown
    everybody thought they were clowns“
    Wunderbar atmosphärisches Stück.

    Es folgt „UFO Girl“, die Vorabsingle. Ein Mid-Tempo-Beat unterstützt zwei catchy Riffs / Hooklines bereits in der Strophe, von denen nur einer bei etlichen Bands schon Begeisterungsstürme auslösen und für drei Singles reichen würde. Bei 22 Pistepirkko wird das innerhalb eines Stücks dann eben mal von einer sehr schönen Refrain-Melodie nochmals getoppt. Die Bridge driftet in Askos Sphärenklängen, um mit dem erneut fabelhaften Refrain auszuleiten. In einer besseren Welt wäre das seit Wochen die Nummer 1 in allen Hitparaden, liefe Tag und Nacht auf jedem Sender. Dann würde ich jedenfalls mehr Radio hören.

    Die Wunderkiste wird zum viertenmal geöffnet, und heraus spingt ein Beziehungsabrechnungsstampfer, „Stupid“. Da 22 Pistepirkko aber nicht AC/DC sind, kommt nicht deren Breitwand-Gedröhne, sondern die sympathische finnische Raubeinvariante mit tongue-in-cheek und einem gefühlten Augenzwinkern. Auf die Art kann man auch Weltmeister Werden, wie die finnische Eishockey-Nationalmannschaft gerade gezeigt hat. Pfiffig eben.

    „So much snow“, die folgende Nummer, ist ebenfalls ein Stomper, aber Muddy Waters/Canned Heat-Blues/Boogie infiziert. Mir gefällt’s sehr, da wie immer die persönliche Pistepirkko-Note eingebracht wird, die es glaubwürdig und interessant macht. Es geht ums Touren im Winter, wenn viel Schnee liegt. Liegt bei Skandinaviern ja nahe. Die sind bestimmt schon öfter durch Schneewehen auf dem Weg zum Gig aufgehalten worden, und das hört man.

    „Sunny Days“ ist eine Country-Folk-Ballade, viele Amerikana winken von gar nicht so weit entfernt. Eine Ode an eine wunderbare Frau, die den Tag rettet. Diese europäisch-finnische Leitmelodie … ich schmelze dahin. „Made a rock and roll song, when she came my way …“

    Folk ist die angesagte Stimmung, „Broken Toys“ steht in der Tradition von Tanz- und Kinderliedern. Die Gitarre könnte ein Ukulele sein, es geht um Spielereien in Kindheit und heute, die leicht angekirmeste Orgel tut das ihre. „Money to burn, play as you earn, broken toys, make no noise …“. Entspannte Party mit Da-da-da im Refrain.

    Wir bleiben in der Stimmung, wechseln aber mit „So happy today“ das zugrundeliegende Genre. Garagenbeat der 60er steht Pate für dieses hübsche kleine und kurze Partystück.

    Zweifellos einer der besonderen Höhepunkte ist das folgende „Rodeo Heart“, das bereits bei der letzten Tour immer wieder entzücken konnte und im Ohr hängen blieb. Eine anrührende Liebesballade mit wieder einmal wunderschönen Melodien in Strophe, Refrain und Bridge. Wo nehmen die die bloß alle her? Das wäre doch mal ein Eurovision Song Contest-Gewinner. Finland – Douze points.

    Es wird wieder ruhig mit „Find me“. eine klassisch-europäische Ballade, die im zweiten Teil mit Streichereinsatz hoch getrieben wird. Nachdenkliche Stimmung des Künstlers am Abend.
    „It’s only Rock’n’Roll
    songs give a gentle tone
    with the totems of time
    I’ll be chatting along
    there you may find me“
    Das Leben als Musiker ist nicht immer leicht, aber die Musik belohnt es.
    „It’s only Rock’n’Roll
    songs give a gentle tone
    with the firebirds
    I’ll laugh and be gone
    there you may see me“

    Eine klassische Bowie-Platte etwa hätte damit aufgehört. 22 Pistepirkko aber setzen noch ein kleines Ausrufezeichen ans Ende. Das Titelstück „Lime Green Delorean“ ist kompositorisch der ersten Velvet Underground-Scheibe entsprungen. Gut aber ist, das P-Ks Stimme so gar keine Ähnlichkeit mit Lou Reed hat, die Intonation ist sehr anders, und damit wird es ziemlich finnisch. Asko steuert einige schöne Flächensounds aus den Keyboards zu. Es steigert sich bis zum Ausklingen …
    „Get your rawhead,
    dump your warhead
    get a comb and
    sneer your new head
    get them to see
    our outstanding
    Lime Green Delorean.“

    Ach ja: Dringende Empfehlung. Zu bestellen bspw. hier.

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      #8003839  | PERMALINK

      emr

      Registriert seit: 17.01.2011

      Beiträge: 8

      Hätt*s schöner und detaillierter nicht formulieren können.

      Da ich aber sovieles so oft (14 Konzerte seit letztes Jahr um die Zeit) und so unterschiedlich live gehört hab, hat’s nicht beim ersten oder zweiten Hören voll eingeschlagen….eine CD, die bei jedem Mal Anhören wächst, auch nach weit mehr als 200x (hab ich dieses Monat eigentlich was anderes gehört???) find ich noch immer neue Aspekte drin, sie ist vordergründig sehr ruhig und, was mir anfangs nicht mal so gefiel, irgendwie „süßlich“, fast zu „glatt“ – und sie entfaltet sich bei jedem Mal Hören mehr.
      Schwerste Empfehlung!

      --

      #8003841  | PERMALINK

      times

      Registriert seit: 17.06.2011

      Beiträge: 2,396

      Ich höre diese finnische Gruppe und dieses Album das 1. Mal und bin sehr beeindruckt. Die wird noch viele Dutzend Durchläufe bekommen. Schade, dass sie im Forum erst so wenige kennen/schätzen.
      Davor habe ich Sigur Rós (Island) und Midnight Choir (Norwegen) kennen
      und schätzen gelernt. Danke RS-Forum.

      --

      #8003843  | PERMALINK

      wolle62

      Registriert seit: 09.08.2013

      Beiträge: 1,601

      22 PISTEPIRKKO – Lime Green Delorean von 2011 auf Bone Voyage (EU)

      Bei 22 Pisteprikko handelt es sich um eine finnische Band die 1980 in dem nordfinnischen Dorf Utajärvi von den Brüdern Asko (Bass, Keyboard) und PK Keränen (Gitarre, Gesang), sowie ihrem Freund Espe Haverinen gegründet wurde.

      Der Name 22 Pistepirkko bedeutet soviel wie „22 Punkte Marienkäfer“, den es wirklich gibt und der auch als Pilz-Marienkäfer bekannt ist.

      Bis hin zu ihrem 14ten und letztem Album „Lime Green Delorean“ von 2011, wandelte sich ihr Stil vom anfänglichen Punk über Bluesrock und Country bis hin zu Hip Hop und elektronischer Musik, mehrfach.

      Ihr letztes Werk ist vielleicht auch so etwas, wie eine abschließende Werksschau der drei Finnen, denn dieses Album enthält einen vielfältigen Stilmix, was es für den Hörer auch sehr Abwechslungsreich macht.

      Besetzung:

      • Bass, Keyboards – Asko Keränen
      • Drums – Espe Haverinen
      • Guitar – P-K Keränen
      • Guitar [Additional] – Petteri Rajanti
      • Keyboards, Guitar [Additional] – Harri Kerko
      • Vocals – Asko Keränen, Espe Haverinen, P-K Keränen

      Zu den Songs:

      1. Lights By The Highway – Ein ruhiger, fast mystischer Anfang der Platte. Der Song wird durch die doch etwas hohe Stimme des Sängers getragen.
      2. Dream 1987– Ein schöner Song, der besonders durch den Einsatz von elektronischen Verfremdungen der Stimmen lebt.
      3. Ufo Girl – Das erste Highlight, ein toller Popsong, welcher von einer akustischen Gitarre getragen wird und mit einer wunderbaren Melodie daher kommt.
      4. Stupid – Jetzt geht’s mal etwas mehr zur Sache. Brachiale Gitarren und Schluß mit dem Schönsingen, na ja, bis auf den Chorus.
      5. So Much Snow – Ein plötzlicher Wandel. Klingt wie eine Mischung aus Canned Heat und Muddy Waters, Bluesrock vom Feinsten, mir gefällt es sehr gut.
      6. Sunny Days – Nach soviel Schnee ein wenig Sonnenschein in Form eines schönen Popsongs mit Hitpotenzial.
      7. Broken Toys – Trotz dem zerbrochenen Spielzeug ein recht fröhlicher Song.
      8. So Happy Today – Und wie der Titel es schon sagt, geht es auch weiter, hätte aber nicht Not getan, für mich zu glatt und überflüssig.
      9. Rodeo Heart – Zum Glück kriegen sie wieder die Kurve, eine schöne Ballade.
      10. Find Me – Ja, klasse Stück mit einem langen hymnischen Ende
      11. Lime Green Delorean – Zum Ende rockt es nochmal richtig und der Höhepunkt zum Schluß, klasse Stück, geht richtig ab.

      Das Doppelalbum kommt in einem schönen Klappcover und ist, wie heute oft üblich, auf 3 Seiten bespielt. Die Platten sind sehr sauber gepresst und auch klanglich recht gut. Der Platte liegt noch ein mp3 Code bei.

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