Re: bft #16 – vorgarten

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gypsy-tail-wind
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#1 – Secret Love – toller Song! Absuderweise hatte ich ihn zu allererst von Sinéad O’Connor gehört … „eerie“ ist das Wort, das mir hier in den Sinn kommt, mit den Streichern, der Stimme – sehr toll!

#2 – 5/4, fetter Groove … Tyner-mässig irgendwie (obwohl der wohl nie 5/4 gespielt hat?) … eine Schalmei? ;-) Nein, wohl doch eher eine Klarinette … sehr cool, wie es hier gelingt die ganze Post-Coltrane-Musik zu modernisieren, der Puls ist freier, der Bass härter, das hat etwas sehr Zeitgenössisches, ist aber dennoch ganz tief in der Jazz-Tradition verwurzelt – klasse! Gibt es da noch Schrammelgitarren? Harfen? Dachte erst, das sei der Pianist, der etwas ins Innere des Flügels greift, aber nein … eine Oud (Coltrane im Village Vanguard 1961 ist hier wohl insgesamt die Referenz)? Jedenfalls ein toller Track!

#3 – Barisax, yeah! Clever gemacht – und gut programmiert hier, vom grossen Coltrane-Continuum direkt in die Party-Sounds der 90er … keine Ahnung, was das hier ist, der Beat würde mir auf längere Dauer zu eintönig, aber das ist toll gemacht und die Saxophone gefallen mir sehr gut! Ach, schon vorbei … schade!

#4 – Auch das ist veil zu kurz … Repeat. Sehr schöne Stimmung, die der Pianist mit wenigen Tönen. Die Stimme klingt irgendwie vertraut. Sehr schön!

#5 – Back to the roots … toll, wie Tenor und Bari das Thema präsentieren – das Vibrato! Yeah! Die Orgel schleicht sich ein, der Drummer scheppert ein wenig – verdammt tight hier, alles! Ein „sprechendes“ Solo vom Tenorsaxophon – der Sound stört mich nicht, aber klar, den Ton des Saxophonisten kann man eher erahnen, ich bin sicher, der war in echt noch viel toller! Das Barisax-Solo ist viel zu kurz und der Herr wir war wohl kein Meister der Kunst, in acht Takten ein Leben zu erzählen, aber egal. Sehr gut!

#6 – Wieder Coltrane/Tyner-Territorium hier … Joe Henderson aus den Siebzigern? Toll, wie der Bass hinter dem Piano in die Tiefe geht, während die Drums sehr hoch gestimmt sind und stets leicht klingen (hat etwas von Roy Haynes, irgendwie old school), auch wenn der Herr einiges am Laufen hat! Hier habe ich das Gefühl, ich müsste drauf kommen – ob ich die Aufnahme wirklich kenne, weiss ich nicht, denke eher nicht, aber die Beteiligten sind gewiss keine Unbekannten. Auch da Repeat, v.a. weil das Trompetensolo irgendwie vorüberzog, ohne mich zu packen – also passe ich jetzt mal brav auf … und der Mann gefällt mir, sehr lyrischer Ton – Donald Byrd oder Blue Mitchell kommen mir in den Sinn, aber zu denen passen die Linien im weiteren Verlauf des Solos dann nicht, die angepeilten hohen Töne, die Läufe nach oben, das kommt eher von Freddie Hubbard her, denke ich, aber für ihn ist der Ton wiederum zu weich und zu rund, zuwenig punchy. Der Drummer macht hier für mich wohl den Unterschied, auch beim zweiten Hören gefällt er mir sehr, während der Bass manchmal in disem schlüpfrigen Sound der Zeit eher etwas nervt, erst beim Pianosolo finde ich ihn richtig toll. Und das ist wohl nicht Joe Henderson, aber einer aus – ungefähr – seiner Generation. Es gibt ein paar Passagen, in denen ich an Clifford Jordan denken muss, aber dann sind da auch die Henderson-Passagen, z.B. kurz vor Schluss so um 5:00 herum. Hm … aber doch, insgesamt auch das ein sehr guter Track, trotz der kleinen Vorbehalte (zu denen wohl auch das Pianosolo gehört, etwas plätschernd … aber für den breiigen Sound kann der Mann wohl nichts).

#7 – YEAH! Toller Einstieg, phantastischer Ton des Tenoristen! Rootsy, folksy … Bobby Jones meine erste Assoziation, aber der ist es nicht (sein Ton ist dann doch ein ganzes Stück leichter, dünkt mich). Doch aus dem folksy Anfang wird auch wieder eher so ein Coltrane-Ding, Rubato, ein Spiel mit dem Beat, in den sie manchmal fast fallen, aber dann eben doch nicht … gefällt mir sehr gut, Saxophonsolo wie auch die Band als Ganzes. Und ein toller Bassist! Aber auch die Drums … wirklich schön!

#8 – Ist das ein Pop-Song? Sehr süffige Changes, sehr gut gemacht! Das Ding, dieses Motiv aus vier Tönen, hakt sich sofort fest.

#9 – Toller Anfang … und klasse, wie der Drummer mit dem Bossa-Beat einsteigt …. das Piano ist mir stellenweise etwas zu verhuscht in der Phrasierung, zuwenig konturiert, aber dass Bass-Solo dafür umso toller und überhaupt erneut ein feines Stück! Die Stimme gefällt mir, wie sie manchmal fast bricht, sich auf der Kippe zwischen richtigem Gesangt und einem Sprech-Sing-Sang bewegt, auch das manchmal recht unvermittelt auftauchende und plakativ eingesetzte Vibrato.
Repeat.
Das Piano gefällt mir sehr gut – was mich stört ist wohl der Kontrast gegen Ende des Solos: in den Linien fast Monk-mässig, sehr toll, reduziert, aber in der Phrasierung zu weich und ja, an ein paar Stellen finde ich etwas schlampig (was als Urteil natürlich eine Anmassung ist, klar, denn vielleicht ist es ja gerade so, wie der Mann es haben wollte).
Aber wirklich toll, das Stück, da würde ich sehr gerne mehr hören!

#10 – Klasse, die sperrige Phrasierung, der kantige Ton und im Kontrast dazu der flüssige Bossa der Rhythmusgruppe.

#11 – Uff, Bud Powell ohne Kanten? Das geht mir zu leicht hier … schlecht ist das natürlich nicht, aber wie bei Monk-Covern mag ich es kaum je hören, weil das Original einfach immer besser ist. Das hier ist supervirtuos, der erste Gedanke wäre da mal Simon Nabatov, aber der würde löwenmässiger in die Tasten hauen. Der Schluss ist doof, padon – dieser Lauf durchbricht die ganze Stimmung des Stücks.

#12 – Aha, da sind also die Dreissiger … der Beat klingt fast wie aus der Frühzeit des Hip Hop ;-)
Hübsch, aber etwas schwerfällig … doch die singende Trompete ist klasse, sie ist hier ziemlich alles (neben dem Stück natürlich, der Melodie). Die Klarinette ist mir viel zu schwülstig, spielt im Solo auch nicht viel mehr als zuvor im Thema – na ja, doch, in der zweiten Hälfte schon, und da fällt sie dann auch klasse mit dem Piano zusammen, das plötzlich perfekt passt und nicht mehr schwerfällig wirkt.

#13 – YEAH! Das kenne und liebe ich seit langem … keine Worte nötig, absolut grossartig! :sonne:

#14 – Auch das klingt sofort vertraut … bin mir aber nicht ganz sicher. Oh, doch, alles klar – exquisiter Sound am Tenor! Klasse Bass! Gefällt mir wieder verdammt gut! Mir machte bisher das andere Album viel mehr Eindruck (es ist wohl überhaupt mein liebstes von diesem guten Mann), aber dieses hier kenne ich schlicht noch kaum.

#15 – Wir bleiben im Coltrane-Land, ein Walzer mit Sopransax … auch das sehr schön, ein wundervoller Ton am Sopran, sehr weich und rund, nichts von der stechenden Schärfe, die das Instrument so oft hat. Zu kurz!

#16 – Und zurück nach Brasilien, oder doch nicht? Egal … klasse Ton, sehr schön!

#17 – Das ist jetzt weniger meins … das Saxophon gefällt mir mit der Zeit zwar ziemlich gut, die Stimmung sowieso, aber ist mir etwas zu dick aufgetragen, mehr als einen Track am Stück bräuchte ich davon wohl nicht.

#18 – Das ist älter, geht aber eine ähnliche Richtung … schönes Sax-Solo, etwas zu laut abgemischter Bass (stört mich an sich nicht, aber den hier finde ich zu plakativ, so Eberhard-Weber-mässig, nur manchmal macht er was, wo ich fnde: toll, der verdient es auch, so laut abgemischt zu sein). Aber ein hübscher, sommerlicher Closer dennoch! Und wirklich gut, das Saxophon! Oh, und auch noch eine Trompete – klasse, der verletzliche Ton, die Linien, die auch aus irgendeinem Indie-Jones- oder Siebziger-Porno-Soundtrack stammen könnten, aber so zart und ehrlich gespielt. Doch, das Stück gefällt mir am Ende in jeder Hinsicht sehr gut! Eine der CTI-Aufnahmen, die es noch immer nicht auf CD gibt?

Klasse Zusammenstellung! Vielen herzlichen Dank!

An den obsessiven Ratespielen werde ich mich dieses Mal wie angekündigt nicht beteiligen, aber ich bin gespannt … und sehe gerade, dass sich während den gut zwei Stunden, die ich jetzt mit der Musik verbrachte, auch schon etwas getan hat, gleich mal nachlesen!

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