Re: Peinlich oder nicht? Fragwürdige Songtexte und -titel

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herr-rossi
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DE64625Hä? Nur weil sie musikalisch besser verpackt sind, behaupte ich doch nicht, dass sie besser sind? Ein schlechter Text wird nicht besser, nur weil er in einem besseren musikalischen Kontext steht.

Darum geht es mir auch nicht. Ich halte weder den Text von „Diamonds“ noch den von „These Arms Of Mine“ für schlecht, im Gegenteil. Es wäre unsinnig, an Songtexte die gleichen Kritierien anzulegen wie ein Literaturkritiker an zeitgenössische Lyrik. Vom Blatt gelesen machen nur wenige Songtexte viel her. Es kommt darauf an, was man daraus machen kann.

Ich bin zu Deinem Leidwesen keiner, der Schlager generell scheiße findet und noch weniger einer, der alle deutschen Texte schlecht redet. Zugegeben, ich verfolge Schlager schon seit ca 30 Jahren nicht mehr, aber in den späten 60ern und frühen 70ern gab es von Alexandra, Udo Jürgens, Michael Holm, ja sogar Mireille Mathieu oder zahlreichen anderen durchaus gute Schlagertexte (die diejenigen größtenteils nicht selbst verfasst hatten, ja)

Wieso Leidwesen? Natürlich gibt es (oder zumindest gab es) auch im Schlager gute Texte.

Inhaltlich kann man „These Arms of Mine“ ja noch platt finden, weil es nur um das Verzehren nach der anderen Person geht, aber allein wegen der Ersetzung der eigentlich handelnden Person durch die Arme (einen Teil der handelnden Person) als Akteur (habe leider keine Ahnung, wie der Fachausdruck für dieses Stilmittel lautet, aber da gibt es einen, bin ich sicher

Pars pro toto, wenn ich mich recht erinnere.

„Metapher“ scheint mir aber nicht ganz zu passen) ist dieser Text qualitativ besser als diese tumbe Anbetungsarie „Diamonds“ mit ihren zahllosen Wiederholungen.

Aha: Weil sich Otis Arme sehnen und nicht er selbst, ist der Text also lyrisch auf einem ganz anderen Level als der von „Diamonds“. Das überzeugt mich jetzt restlos …

Und wie gesagt, ich bin sicher Du findest Texte, die nicht besser sind als „Diamonds“ in meiner Plattensammlung (Kannst also gerne weitere Versuche starten, auch wenn es irgendwo müßig ist, weil ich es ja ohnehin zugebe

Du musst überhaupt nichts „zugeben“, Du brauchst nur zu verstehen, was ich meine: Deine Behauptung, man müsse einen Text nur ins Deutsche übersetzen und sich von einem Schlägersänger interpretiert vorstellen, dann wüsste man, ob es ein peinlicher Text ist, diese Behauptung halte ich für falsch – das ist alles. Wenn Andrea Berg also singen würde: „Diese meine Arme sind einsam und fühlen sich traurig, diese meine Arme verzehren sich vor Sehnsucht nach Dir“ – dann würdest Du sagen: Jawohl, ein großartiger Text, weil das Stilmittel „pars pro toto“ verwendet wird und weil da keine Diamanten scheinen und niemand naiv die große Liebe preist? Ernsthaft?

Nochmal: Ich halte weder den einen noch den anderen Text für schlecht. Es kommt darauf an, was man daraus macht.

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