Re: Robert Zemeckis

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nail75

Registriert seit: 16.10.2006

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@pinch: Deinen Aussagen zu BTTF stimme ich vollkommen zu.

Zu Forest Gump:

lathoDie politische Aussage, dass Amerika besser gefahren wäre, wenn es sich wie analphabetischer geistig Behinderter verhalten hätte, ist natürlich haarstäubend.

Die so verstandene politische Aussage ist in Teilen entsetzlich reaktionär, das ist unbestreitbar.

Der Film enthält aber dennoch eine etwas komplexere Botschaft, die auf naive Weise uramerikanisch und für Europäer nur bedingt akzeptabel ist, die aber dennoch den Film trägt: Sie lautet, dass es die Bestimmung von Amerika ist, sich ständig aus sich heraus neu zu erfinden und sich dabei zu verbessern, ohne seine grundsätzlichen Überzeugungen aufzugeben.

Forrest Gump ist zwar ein intellektueller Idiot, aber er besitzt ja im Grunde eine fast übernatürliche Weisheit. Er ist ja auch kein Mensch, sondern ein idealisiertes Symbol des unveränderlichen Small-Town Amerikas. Es ist – in dem Film – nicht besonders klug oder gebildet, aber es besitzt eine eigene konservative Weisheit, starke moralische Werte und einen unerschütterlichen Glauben an sich selbst.

Das Gegenteil im Film ist Jenny, die ständig oberflächlichen großstädtischen Trends hinterherrennt und sich damit letztlich selbst umbringt.

Jetzt kommt das Entscheidende: Beide sind für einander bestimmt, weil sie sich ergänzen: Jenny ist klug, moralisch ehrenwert, aber schwach und verführbar. Forrest ist dumm, ungebildet, aber standhaft, ausdauernd und moralisch einwandfrei. Beide „Amerikas“ bedürfen einander wie Jenny und Forest einander bedürfen. Und wenn sich beide vereinigen, dann produzieren sie so einwandfrei vorbildliche Kinder, wie den Jungen im Film. [Wer hier nicht sofort an Metropolis denkt: „Mittler zwischen Hirn und Händen muss das Herz sein“]

Gleiches gilt auch für Gary Sinise. Er verkörpert den zynischen, vom Leben gezeichneten Großstädter: Er ist vom Glauben abgefallen, nicht vom religiösen Glauben, sondern vom Glauben an Amerika. Forrest Gump verhilft ihm wieder, an Amerika zu glauben und damit auch an sich selbst. Solange er das tut, mag er ruhig Atheist bleiben (Edit: aber eine Entwicklung zum Glauben hin wird nahegelegt).

Im Grunde enthält der Film eine Botschaft der Versöhnung des metropolitanen Amerikas an das kleinstädtische Amerika. Und in dieser Hinsicht ist der Film nicht ganz so reaktionär, wie er auf den ersten Blick erscheinen mag.

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Ohne Musik ist alles Leben ein Irrtum.