Re: Rolling Stone Weekender – Weißenhäuser Strand/Ostsee

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#7180209  | PERMALINK

sonic-juice
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Ein tolles Wochenende ist rum, das Gepäck ist voller schöner Eindrücke und LPs.

Musikalisch habe ich diesmal relativ wenig mitgenommen, zum einen weil für mich nach der ungewöhnlichen Traumkombination Warpaint & Giant Sand nichts kommen konnte, was das noch gesteigert hätte, zum anderen, weil ich am Samstag Abend ja mit dem Plattenauflegen beschäftigt war.

Midlake waren mit ihrem Set, bei dem ein hübscher schwelgerischer Midtempo-Song auf den nächsten folgte, für mich auf Dauer nicht auszuhalten. Da stehen auf der Bühne ein Haufen sicherlich schwerbegabter Musiker, die alle möglichst gleichzeitig zu jedem Stück etwas beitragen wollen, und so kommt eine permanente Wohlklangwand zu Stande, die trotz epischer Strukturen wenig Raum für Dynamik und Spannung lässt.

Warpaint haben mich relativ unvorbereitet erwischt, ich hatte ihre LP vorher kaum hören können. Da kam ich aus dem Freuen und Staunen gar nicht mehr raus, so frisch und stilsicher klingt das und schaut das aus, was die vier Mädels da zu Stande bringen. Eine Wahnsinns Rhytmussection, die mich komischerweise öfter entfernt an die Talking Heads bzw. Tom Tom Club denken ließ.

Howe Gelb hat dann mit Giant Sand, wie zu erwarten war, keinen Versuch unternommen, ein den Konsumgewohnheiten des flüchtigen Festivalpublikums angepasstes, dramaturgisch durchkonzipiertes Set zu spielen. Die Band wusste, wie die stirnrunzelnden, amüsierten, rückversichernden Blicke Richtung Howe zeigten, wohl oft nicht, was sie im nächsten Takt erwarten würde, auf besinnlich bilanzierende Songwriterklänge (Fields of Green) folgt Barjazz, auf verhallte Keyboardexerzitien folgen ausufernde gitarrenbretternde Feedbackexzesse usw. Aus letzter Kategorie kamen für mich die Höhepunkte: ein berauschendes „Monk’s Mountain“, das spielend das Versprechen der Albumversion einlöste, der frühe high energy-Klassiker Tumble & Tear“ und wieder mal Rainer Ptaceks „The Farm“ – unglaublich, wie Howe diesen Set-Standard immer noch neue Seiten entlockt. Nach mittlerweile doch schon recht vielen Jahren und Konzerterlebnissen mit Howe bleibt für mich das Fazit, dass ich diese musikalische Laborsituation, bei der das Verzetteln, das Scheitern, der spontane Einfall, das Spiel mit Erwartung und die Kommunikation mit Band und Publikum im Vorerdgrund stehen, doch den meisten auf einer verlässlichen Setlist fußenden Konzertsituationen vorziehe, insbesondere wenn sich aus der Situation immer wieder überraschend neue Perspektiven auf Howes vielseitiges Songbook eröffnen.

Der DJ-Set mit Clau und Mikko hat (uns) Spaß gemacht, auch wenn es wenig Publikum gab. Immerhin haben wir doch einige der Gäste, die sich mehr oder weniger zufällig ins Witthüs verirrten, auf die Tanzfläche locken können. Dass das ganze als „Forumstreffen“ angekündigt wurde (die zwei Handvoll an einem Austausch interessierten Forumianer hatten sich eh schon seit Freitag ständig gesehen, wer sollte da sonst schon absichtlich auftauchen) und nicht als eigenständiger Programmpunkt und zudem zeitlich mit diversen Hauptattraktionen des Festivals konkurrierte, hat sicherlich nicht geholfen.
Eine etwaige Wiederholung einer solchen Aktion schiene mir nur mit einem entsprechenden Vertrauens- und Interessevorschuss von Scorpio denkbar, d.h. als ein vollwertiges und entsprechend im Programm beworbenes DJ-Angebot zu einer Zeit ab Mitternacht – zum Beispiel direkt im Anschluss an ein Konzert, eine Lesung oder ein Meet & Greet mit der Redaktion. Der Schluss, dass – auch seitens des Veranstalters Scorpio – nur das geschätzt wird, was etwas kostet, liegt nicht ganz fern. Entsprechendes gilt im Übrigen für die DJ-Sets der Redakteure, die leider auch nahezu publikumsfrei blieben.

Am schönsten am Festival waren natürlich die vielen Gespräche und Begegnungen. Dass die Redaktion dort nicht nur bei den offiziellen Terminen ausführlich und offen Rede und Antwort stand, sondern auch bei vielen Gelegenheiten präsent war und sich interessiert an einem persönlichen Austausch zeigte, kann man gar nicht hoch genug veranschlagen. Insofern noch mal herzlichen Dank insbesondere an Wolfgang, Torsten, Daniel und Joachim für Euren Einsatz! Ich bin mir sicher, dass der Weekender auf einem sehr guten Wege ist. Nächstes Jahr bin ich bestimmt wieder dabei.

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