Re: Inglourious Basterds

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chet

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Man sollte nicht den Fehler machen und mit einer bestimmten Erwartungshaltung in diesen Film gehen. Ich habe diesen Fehler gemacht und wurde restlos enttäuscht. Was will dieser Film eigentlich? Ich habe es noch nicht wirklich begriffen. Es gibt ein, zwei Szenen, die sehr bewegend, gar rührend sind. In einer Weise, wie es noch nie zuvor in einem Tarantino-Film zu sehen war. Doch leider wirken diese Szenen deplaziert, weil sie nicht eingebettet, sondern bloß eingereiht sind.

Seine berühmten Film- und Genrezitate? Ja, auch hier. Nur nicht ansatzweise so gut wie in seinen vorherigen Filmen. Alles irgendwo anders schon besser gesehen. Waren seine bisherigen Filme kunstvoll arrangierte, unheimlich pointierte und dichte Werke mit sensationellem Timing, so ist dieser Film eine Aneinanderreihung von Szenen und Handlungssträngen, denen es an Zusammenhalt fehlt.

Gewaltdarstellung? Natürlich auch in diesem Film. Während die Gewalt in seinen bisherigen Filmen derart stilisiert daher kam, dass sie ihren Schrecken verliert und zur Kunstform wird, so ist man geneigt, in Inglorious Basterds an einigen Stellen die Augen zu schließen. Doch insgesamt steht „Gewaltdarstellung“ eher im Hintergrund. Man merkt, dass er bemüht ist, Szenen zu schaffen, die berühren sollen, um die schwer erträgliche Ironie, die allen Figuren anhängt, zu brechen. Exemplarisch für diese misslungenen Versuche ist die Szene, in der Shosanna den heldenhaften Soldaten Frederick Zoller niederschießt und dieser Totgeglaubte sich „unerwartet“ wendet und sie erschießt. Hätte Tarantino hier in seinen anderen Filmen ein Genreklischee entlarft und durch seine Überzeichnung und Handschrift einen memorablen Moment geschaffen, so ist man hier geneigt, gelangweilt die Sinnfrage zu stellen.

Die erste Szene des Films lässt zunächst darauf hoffen, dass Tarantino ein großer Wurf gelungen ist. Eine „Langsamkeit“, die man von Tarantino nicht kennt und eine Ernsthaftigkeit zeigt, welche man mit ihm nicht in Verbindung bringt. Doch jegliches weitere Bemühen, Szenen zu kreieren, die Tiefgang erzeugen und den Zuschauer ergreifen, scheitern an Dramaturgie, Text und der Platzierung im Film. Selbst die Stärke anderer Tarantino-Fime in Hinblick auf die ironische Überzeichnung von Personen und Situationen wird hier zu einem oft unerträglichen Spiel – gipfelnd in der von Brad Pitt gespielten Figur.

Cameoauftritte? Altstars noch einmal einen großen Auftritt bereiten? Ja… Rod Taylor als Churchill. Lustig. Auch das übrige Casting durchaus gelungen. Mélanie Laurent ist bezaubernd wie Nastassja Kinski vor 25 Jahren.

Wäre da nicht diese ständige aufgesetzte und anstrengende Ironie. Stellenweise musste ich an den Film „Mein Führer – Die wirklich wahrste Wahrheit über Adolf Hitler“ von Dani Levy denken. Und das ist wahrlich kein Kompliment. Natürlich denkt man auch an den einen oder anderen grandiosen französischen Film der 50er und 60er. Genauso aber an cineastischen Müll á la „Wildgänse“ – dann jedoch nicht als unterhaltsames Genrezitat.

Mein Fehler: Ich habe ein großes Kriegsepos erwartet. „Die Brücke von Arnheim“ nach Art von Tarantino. Inklusive Cameo-Auftritten von Hardy Krüger und Maximilian Schell als Nazi-Größen. Gepaart mit einem „leisen“ und ergreifenden zweiten Handlungsstrang, der hier nur angedeutet und unausgereift um die Figur „Shosanna Dreyfus“ geschieht.

Meine Wertung: **1/2, schwächster Tarantino-Film (letzter Platz, noch hinter seiner „Four Rooms“-Episode).

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