Re: Muetis Review-Ecke

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mueti

Registriert seit: 09.11.2007

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Ein neues Review, wieder versuche ich ein paar passende Worte zu einem meiner absoluten Lieblingsalben zu finden. Here goes:


Ground Zero – Revolutionary Pekinese Opera Ver.1.28
(RēR Megacorp RēR GZ1, 22.07.1996, Audio CD)

1. Opening – Flying Across The J.P.YEN (9:30)
2. Consume Mao (1:33)
3. Rush Capture of the Revolutionary Opera 1 (2:05)
4. Red Mao Book by Sony (4:23)
5. Crossing Frankfurt Four Times (2:02)
6. The Glory Of Hong Kong – Kabukicho Conference (4:53)
7. Paraiso 1 (7:03)
8. Announcing Good News From The West (0:40)
9. Revolutionary Enka 2001 (1:15)
10. Grand Pink Junction Ballad (1:28)
11. Crossing Snow Mountains With Yamaha Bike (1:29)
12. Rush Capture Of The Revolutionary Opera 2 (0:51)
13. Yellow Army, Beloved of the Various Nationalities (0:52)
14. Triumphant Junction (Grand Finale) (1:14)
15. International – Epilogue (3:19)
16. Paraiso 2 (6:39)

Wer andere Werke mit Otomo Yoshihides führender Beteiligung kennt (vor allem Les Sculpteurs De Vinyl) kann sich eine grobe Vorstellung davon machen wie Ground Zero und speziell dieses Album, auf dem sie ihren Sound perfektioniert habe, ungefähr klingt. Alle anderen können das nicht, wie ich behaupten würde – was hier abgeliefert wurde ist Musik wie keine andere, die ich je gehört habe.
Das wohl wichtigste Element dieser Fusion aus Free-Jazz, Ambient, Noise, Rock, Sound Collage, u.s.w. sind die Samples. Eher verhalten der Einstieg, klingelt, trommelt, dronet und improvisiert man sich im ersten Track erstmal ein wenig in Stimmung. Die stete Gratwanderung zwischen Genie und Chaos auf dem Album wird ab der Mitte des Tracks angedeutet. Bis zum Schluss wird immer mehr Spannung aufgebaut, es werden immer mehr Samples reingeworfen – dann ist plötzlich Schluss. Und im gleichen Moment geht es richtig los, etwas, was nach einer Szene aus einem Martial Arts Film klingt wird gemischt mit Geigen, chinesischen und japanischen (Radio?-)Ansagen und anderen Soundschnipseln. Kurz bevor man sich beginnt ein wenig zurechtzufinden fällt das Bild in sich zusammen, um Platz zu machen für Noise und Schreie – wenige Sekunden lang. Der nächste Track beginnt, wieder Samples, dazu Improvisation der ganzen Truppe. Und es wird einem keine Sekunde lang mehr eine Atempause gegönnt, sofort wird Platz gemacht für die nächste Idee, die nächste der wahnwitzigen Klangwelten, die alle ganz unterschiedlich und doch wie aus einem Guss klingen. Jeder Moment jagt den nächsten – wie das tatsächlich klingt lässt sich schwerlich beschreiben. Und tatsächlich bewegt sich das Ganze sehr häufig – wenn nicht dauerhaft – an der Grenze zum totalen Chaos. Es mag durchaus sein, dass es für Manche genau das ist, aber für mich fügt sich alles einfach perfekt zusammen. Man wird in den Himmel geschossen, nur um Sekunden später ungespitzt in den Boden gerammt zu werden, „intensiv“ beschreibt das eigentlich schon gar nicht mehr.
Ich werde jedesmal umgehauen, wenn sich das scheinbare unendliche Durcheinander von „The Glory Of Hong Kong – Kabukicho Conference“ wie von selbst in den ruhigen Anfang von „Paraiso 1“ verwandelt, wenn die Stimmung nach „Announcing Good News From The West“ komplett umschlägt und trotzdem ganz natürlich ins Gesamtbild passt. Dies sind nur Beispiele – ein brillianter Moment folgt auf den nächsten, das ganze Album hindurch. Oft fällt es mir beim Hören schwer zu glauben, wie wunderbar sich alle einzelnen Elemente, denen man eine Union niemals zugetraut hätte, zu diesem vollkommenen Album zusammenfügen. Das alles endet dann mit dem letzten Track in Stille, durchbrochen lediglich von dem ein oder anderen Knistern. Der grandiose Wahnwitz ist vorbei, Zeit zum Verschnaufen.
Revolutionary Pekinese Opera hätte für meinen Geschmack ruhig etwas länger ausfallen können, allerdings gibt es bei jedem weiteren Hördurchgang so viele Details zu entdecken, dass das nicht weiter stört. Ein unvergleichliches Stück Musik, was für mich den Höhepunkt der Samplekunst darstellt. (Mit Les Scuplteurs De Vinyl – Memory & Money ist Otomo diesem Meisterwerk übrigens verdammt nahe gekommen.)

Und um mal effektive Werbung zu machen, empfehle ich das Album an dieser Stelle allen Zappa-Fans. ;-)

Fazit in einem Wort: Pefekt.
Wertung: 10/10

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