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Mir kommt es so vor, als verkörperten für Greil Marcus Harmonica Frank, Robert Johnson, The Band, Sly Stone und Elvis mit ihren Lebensgeschichten und ihrer Musik amerikanische Geschichte und Kultur, während der Intellektuelle Randy Newman daneben steht, beobachtet und kommentiert. Solange er dabei bei aller Ironie mitfühlend ist, ist GM begeistert, aber wenn Randy Newman und sein Publikum sich über die „Short People“ tatsächlch lustig machen, hört für GM der Spaß auf. Und so sehr er anfangs voller Lob für Randy Newman war, so vernichtend ist er später mit seiner Kritik.
Kenne Randy Newman nicht besonders gut – ausgerechnet nur das Album Little Criminals, auf dem Short People, aber auch das anrührende Baltimore (das ja den „Blues“ einer ganzen Stadt zum Thema hat) enthalten ist. Aber finde auch, dass Randy Newmann eigentlich nicht in die Reihe mit diesen anderen Musikern passt. Ist im Vergleich auch keine sooo einflussreiche und große Nummer, finde ich.
War eigentlich Bruce Springsteens Born To Run schon erschienen, als Greil Marcus Mystery Train schrieb? Der hätte schon besser gepasst mit seinen den Glück hinterher rennenden und dabei immer wieder scheiternden Figuren.
Lese jetzt auch noch den umfangreichen Anhang von Mystery Train. Da sieht man, dass GM tatsächlich wie ein Historiker die Geschichte der populären amerikanischen Musik durchgearbeitet hat und anscheinend wirklich jede Bluesplatte kennt, die seit den 1920ern erschienen ist.
Und dann gibt es da auch solch Formulierungen, die geistreich und wunderschön sind. Über eine Platte von Johnny Shines: „… rein akustisch, unbeschreiblich kontrollierter und leidenschaftlcher Gesang; die Saiten werden so sacht berührt, dasss man Regen zu spüren meint, der sich an die Blätter der Bäume schmiegt.“
Oder, über eine Compilation mit historischen Country Blues-Aufnahmen: „… ein Relikt, hinterlassen von einer kleinen Gruppe von Weißen – Plattensammlern -, die sich darangemacht hatten ein Amerika zu entdecken, das Jahrzehnte zuvor von einer kleinen Gruppe von Schwarzen erschaffen worden war, die aufgebrochen waren ein wirkliches Amerika zu entdecken, frei von Scham und Lüge, ein Ort der Leidenschaft, der Gefahr und der Herrlichkeit, und die dieses Amerika tatsächlich gefunden hatten.“
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“There are legends of people born with the gift of making music so true it can pierce the veil between life and death. Conjuring spirits from the past and the future. This gift can bring healing—but it can also attract demons.” (From the movie Sinners by Ryan Coogler)