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Anonym
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Zweitens: Marcus zeigte, dass man vollkommen anders über Popmusik schreiben kann. Nicht aus einer kurzatmigen Hier- und Jetzt-Perspektive. Sondern mit dem Horizont des Kulturhistorikers. Marcus machte klar, dass diese Musik, die ich immer unhinterfragt als reinen Zeitgeistausdruck der 60er-Jahre verstanden hatte, in vergangenen Jahrzehnten – nichts da: in vergangenen Jahrhunderten! – wurzelt und eine Position im Kontinuum amerikanischer Geschichte, Alltagsgeschichte, Gegengeschichte, Geschichte von unten besetzt. Ich dachte, wenn man über Popmusik schreibt, schreibt man über was Brandaktuelles – und plötzlich ging es quasi zurück bis zu den Ideen, Idealen und Ideologien der Pilgerväter.
Ich fand das abgefahren und einleuchtend zugleich, es war auf den ersten Blick größenwahnsinnig und auf den zweiten Blick folgerichtig, plausibel.
Heute mag das nicht mehr besonders anmuten, denn um historische Dimensionen geht es längst in Unmengen von Texten (nicht zuletzt sehr prominent in Dylans Chronicles). Damals aber hat Marcus eine Tür aufgestoßen.
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