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„the nearest thing to trane“ (1982-87)
wer immer eine coltrane-referenz brauchte, kam in den 1980ern gerne auf sanders zurück, der selbst live bis heute stücke spielt, die mit coltrane assoziiert sind, interessanterweise aber alle aus phasen stammen, bevor sanders selbst mit ihm spielte (ca. „moment’s notice“ bis „welcome“).
die wiedervereinigung von elvin jones und mccoy tyner auf dem japanischen trio-label macht 1982 den anfang, auch wenn hier kein coltrane-material bemüht wird. bassist ist richard davis, außerdem darf ein blutjunger jean-paul bourelly ein bisschen bluesakkorde beisteuern (die im von tyner dicht gefüllten raum keinen rechten platz haben – aber sanders wird nichtsdestrotz 10 jahre später bourelly in seine band holen).
aufregend ist das – bei besten voraussetzungen – leider nicht, jones trommelt alles zu, tyner hält sich genauso wenig zurück, sanders ist hier nicht auf der höhe seines spiels, vermeidet aber gekonnt allzu deutliche coltrane-imitationen. auf gene perlas „korina“ gelingt ihm eine recht schöne balladenimprovisation, und sein eigenes „origin“ (ein sanders-standard, das mit permanenten changes sowas wie sein „giant steps“ ist) erhält durch jones‘ latin-begleitung eine andere farbe als in seinen eigenen bands. die aufnahme ist sehr glatt und hell produziert, frühe digitalsünden wahrscheinlich.
ein wesentlich klareres klangbild hat 1983 benny golsons coltrane-hommage, zu der er neben sanders noch cedar walton, ron carter und jack de johnette ins studio eingeladen hat. sein abgehangener, etwas schmalziger ton kontrastiert schön zu pharoahs angerauter reserviertheit, während die rhythm section luziden traditionalismus abliefert. wirkliche aha-erlebnisse darf man allerdings auch hier nicht erwarten, alles geht schon recht gepflegt seinen gang. das material hat daran seinen anteil: „greensleeves“, golsons „jam the avenue“, lehars „vilia“, dazu wieder sanders‘ „origin“, das hier auch nicht unbedingt aufregend gerät. überhaupt: im changes-format agiert er solide, aber ohne das einbringen zu können, was sein spiel tatsächlich ausmacht.
art davis‘ quartett-leader-date von 1986 ist das interessanteste album in der reihe. es ist allerdings auch kein hommage-album, sondern eher eine transformation der mittleren coltrane-phase in eine spirituelle 80er session. leider ist dieses live-konzert aus new york mit sehr viel hall aufgenommen, somit eher als dokument verfügbar gemacht als eigenständig produziert (darunter leidet vor allem der leader, dessen verstärkter bass sehr unschön grummelt und murmelt – man hört zwar alles, aber eben nicht auf der höhe der musik).
die band ist eigentlich ein klassisches sanders-quartett aus der zeit (mit john hicks und idris muhammad), aber davis‘ material ist ambitioniert und hat einen loft-spirit. besonders schön ist ein kurzes (freies?) duo mit sanders, das tatsächlich nochmal andere klangräume aufmacht als man es von saxofonisten gewöhnt ist. hicks gelingen großartige aktualisierungen von tyner und muhammad ist sowieso spitze. interessantes album.
1987 dann nochmal ein tyner-projekt, ordentlich für impulse zusammengestellt und auch folgerichtig mit einem grammy ausgezeichnet. der star der aufnahme ist allerdings roy haynes, der mit einem äußerst vitalen cecil mcbee das gepflegte programm unter spannung setzt, in dem sich als tenoristen sanders (auf 4 stücken) und david murray (auf 2) abwechseln, „lazy bird“ spielen tyner, mcbee und haynes im trio. sanders gelingt es in einem blues, seine autorität ins spiel zu bringen, sein „naima“ braucht man aber in einem derartig braven setting eher nicht. auch murray spielt recht gebremst, seine coltrane-hommage-komposition „last of the hipmen“ finde ich ohnehin keinen höhepunkt. trotzdem ist das alles gut gemacht und natürlich von herausragenden musikern exekutiert, die niemandem mehr etwas beweisen müssen. es scheint mir allerdings bezeichnend zu sein, dass das festhalten am coltrane bis zu den frühen 60ern eher musealisierende als fortschreibende absichten verfolgt, insofern ist auch dieses projekt hier ein typisches produkt aus der mitte der 1980er. lincoln-center-tauglich, wenn man so will.
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